Motorrad Reiseblog mit Touren, Tipps & Tricks

Lohnt Sprachen lernen für die Motorradtour?

Lohnt sich das Sprachen lernen für die Motorradtour ins Ausland? Ist der Aufwand nicht zu groß? Die Antwort wird viele überraschen.

Das Motorrad als Kontaktmacher

Zu meinen schönsten Erlebnissen auf Motorradtouren zählt die Begegnung mit den Menschen unterwegs. Sobald die Maschine auf dem Seitenständer steht, ist der erste Schritt zu einem neuen Kontakt gemacht. Wo kommst Du her? Wo geht’s hin? Was ist das für eine Maschine? Warum fährst Du Motorrad?

Ähnlich wie beim Spazierengehen mit dem Hund: Über den Vierbeiner kommt man ganz locker ins Gespräch und nimmt am Ende die Erinnerung an eine schöne Begegnung mit einem netten Zeitgenossen nach Hause.

Bild von vier Frauen bei einer Rauch- und Kaffeepause am Paradise Post im Clark Fork Valley, Montana

Begegnung im Clark Fork Valley (Montana): Christine findet nette Gesellschaft bei einer Rauch- und Kaffeepause.

Noch größere Resonanz finden wir dort, wo wenig(er) Motorrad gefahren wird, namentlich in den entlegeneren Gegenden unseres Kontinents. Dort ist die Biker-Szene dünn besetzt, denn entweder ist dort die Saison zu kurz für das Fahren mit einer eigenen Maschine (z. B. in Rußland oder Finnland), oder die fahrende Generation ist  – Thema Landflucht – schon weitgehend abgewandert. Dafür gestaltet sich meist der Kontakt mit denen, die geblieben sind, viel intensiver.

Die Sprache als Kontaktmedium

Auf, laßt uns hinabsteigen und dort ihre Sprache verwirren, daß keiner mehr die Sprache des anderen versteht.
—  1. Mose 11, 7

Um mit den Leuten in Kontakt zu kommen, ist eine sprachliche Brücke unentbehrlich. Wenn man Glück hat, kommt man mit Deutsch hervorragend durch – so wie ich das in Rußland und der Türkei erlebt habe. Die Menschen freuen sich unheimlich, ihre Deutschkenntnisse wieder einmal live anwenden zu können.

Kuban-Kosak mit Akkordeon in Krasnodar (Südrußland) - Sprachen lernen für die Motorradtour ist wichtig

Begegnung in Krasnodar (Südrußland): Der Kuban-Kosak hat sein „Weltmeister“-Akkordeon aus Klingenthal in Sachsen mitgebracht.

Geht es nicht auf Deutsch, verlagert sich die Konversation meist auf das Englische. Ein Trend der Zeit. Allerdings wird bald deutlich, daß das Gespräch oft nicht über das Pidgin-English-Niveau hinausgeht. Wenn’s hilft, ist das gut. Aber so richtig befriedigend ist es auch nicht, wenn man sich ein tiefer gehendes Gespräch wünschen würde. Zumal, wenn man feststellt, daß jenseits der Stadtgrenzen von Paris, Mailand oder Rom die große monolinguale Kultur beginnt. Da muß man schauen, wie man durchkommt, gerade weit draußen auf dem Land.

Europäischer Tag der Sprachen

Um die Menschen zu ermuntern, besser miteinander in Kontakt zu kommen, hat der Europarat mit seinen 47 Mitgliedstaaten seine insgesamt 800 Mio. Bürger ermutigt, in jedem Alter in und außerhalb der Schule mehr Sprachen zu lernen. Auf Initiative des Europarats wird deshalb seit 2001 an jedem 26. September der Europäische Tag der Sprachen gefeiert.

Salinenarbeiter in Sizilien mit einer rothaarigen Motorradfahrerin zeigt, daß Sprachen leernen für die Motorradtour wichtig ist.

Begegnung in Trapani (Sizilien): Ein Salinenarbeiter erklärt Christine die Gewinnung von Meersalz.

Die Sprachbarriere bleibt

Eine tolle Initiative, die allerdings eine kontinuierliche geistige Anstrengung erfordert. Erinnerungen an die Schule werden wach. Grammatik. Vokabeln büffeln. Viele werden sich deshalb fragen: Lohnt sich der ganze Aufwand, wenn ich einmal im Jahr eine große Tour durch Spanien/Kroatien/Griechenland unternehme? Komme ich nicht „ohne“ schon irgendwie durch?

Kein Mensch wird erwarten, daß wir uns in all denjenigen Sprachen verständigen können, die uns auf unserer Auslands-Motorradtour zu Ohren kommen. Wir sind ja (meist?) keine Universalgenies. Da kann man nur mit dem Reformator fragen:

Wie redet der Deudsche man jnn solchem fall?
—  Martin Luther, Summarien über die Psalmen und Ursachen des Dolmetschens (1531)

Wer nicht durch Elternhaus und/oder Schule bilingual groß geworden ist oder die Fremdsprache als notwendiges Werkzeug des Berufs nutzt, dem bleibt nur der Rückgriff auf vorhandene Schulkenntnisse. Diese müssen lang längerer Abstinenz meist etwas aufgefrischt oder ausgebaut werden. Aber auch wer das tut, wird bald feststellen, daß es ein langer, beschwerlicher Weg werden wird bis zum entspannten Dialog oder der anspruchsvollen Lektüre in einer Fremdsprache. Vom schriftlichen Ausdruck ganz zu schweigen. Darüber kommt man leicht ins Rentenalter.

Nicht verwunderlich deshalb, daß sich die Konversation im Ausland meist auf einem einfacheren Niveau abspielen wird, das zwar alltägliche Grundbedürfnisse befriedigen kann, aber nicht allzu sehr in die Tiefe gehen wird. Sprachen lernen für die Motorradtour gewinnt deshalb einen ganz besonderen Stellenwert.

Lohnt Sprachen lernen für die Motorradtour?

Muß ich zum Sprachen lernen für die Motorradtour unbedingt Vokabeln und Grammatik büffeln, um mich unterwegs verständigen zu können? Um mich verständlich ausdrücken zu können, wenn ich Rat und Hilfe brauche?

Tröstlich ist es dabei, sich zu vergegenwärtigen, was die Philologen unter „Sprache“ verstehen: nämlich ein System von Zeichen, die Gedanken ausdrücken, welche der Empfänger verstehen soll.

Damit sind wir schon ein Stück weiter. Ich muß also keine fein gedrechselten Sätze sprechen können, um mich im Nirwana meiner Tourenstrecke nach der nächsten Ortschaft oder der nächsten Werkstatt zu erkundigen. Sprache bleibt Sprache, selbst wenn ihr Vokabular Lücken und ihre Grammatik Fehler aufweist – sofern der Gesprächspartner versteht, was gemeint ist.

Ganz ohne geht es meist nicht. Sprachen lernen für die Motorradtour ins Ausland ist – wenn auch nur in beschränktem Umfang – sehr nützlich. Wie das im Einzelnen geschehen sollte, hängt von den persönlichen Vorkenntnissen ebenso ab wie von dem sprachlichen Ziel, das man erreichen möchte. Wenn wir mal diejenigen außen vor lassen, die aus privaten oder beruflichen Gründen fremdsprachlich fit sind: Wie und mit welchen Mitteln kann man sich auf das Motorrad-Abenteuer im fremden Sprachraum vorbereiten?

Empfehlungen für alle

Nach der Motorradsaison ist vor der Motorradsaison: Warum nicht den Winter nutzen, um sich mit der Sprache des Landes, das man im kommenden Jahr bereisen will, neu / wieder / tiefer vertraut zu machen. Fernsehen (sofern empfangbar) ist da eine klasse Methode, vor allem Werbefernsehen. Im Internet mal in die online-Zeitungen schauen, vor allem Inhalte, die uns aus unseren deutschsprachigen Medien her vertraut sind. Es gibt auch online Motorradzeitungen! Vor allem aber: den eigenen Wortschatz aufrüsten. Ohne ein Grundgerüst an Vokabeln geht halt leider nichts. Aber das ist keine schwarze Kunst.

Vor allem kann ich das Hören von Podcasts empfehlen. Es hilft ungemein, den passiven Wortschatz aufrecht zu erhalten bzw. aufzubauen. Was gerade in der Welt geschieht, weiß man aus den üblicherweise benutzten Quellen ohnehin. Wenn man sich das Ganze dann nochmal in einer Fremdsprache anhört, kann man sich mit dem bereits vorhandenen Hintergrundwissen den Kontext und das Vokabular in der neuen Sprache viel leichter „zusammenreimen“.

Praktischerweise lassen sich Podcasts  unabhängig von Ort und Zeit nutzen: beim Pendeln mit Bus oder Bahn, beim  Spaziergang mit dem Hund oder auf dem sonnigen Balkon mit einem Lieblingsgetränk. Man kann sich speziell die Podcasts heraussuchen, die einen vom Inhalt her am meisten interessieren. Für Sprachanfänger gibt es auch solche, die wie eine Art „Reiseführer für Anfänger“ aufgebaut sind, mit dem Grundwortschatz und einfachen Phrasen, die in dem jeweiligen Zielland hilfreich sind.

Für den speziellen Bedarf führe ich immer ein Büchlein mit wie dieses hier, denn so tief im Fachwortschatz stecken wohl die wenigsten:

Das Motorrad-Wörterbuch zeigt, daß Sprachen lernen für die Motorradtour wichtig ist

Um ein allgemeines Wörterbuch, am besten eine Lexikon-/Übersetzer-App, wird man jedoch kaum herumkommen.

Empfehlungen für Fortgeschrittene

Wann beherrschst du eine fremde Sprache wirklich? Wenn du Kreuzworträtsel in ihr lösen kannst.
—  Peter Panter alias Kurt Tucholsky (1932)

Zunächst diejenigen, welche die meisten Situationen bewältigen können, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Sie können ohne Vorbereitung an Gesprächen über Themen teilnehmen, die ihnen vertraut sind, die sie persönlich interessieren oder die sich auf Themen des Alltags wie Familie, Hobbys, Arbeit, Reisen, aktuelle Ereignisse beziehen.

Die Reisesprachführer zeigen, daß Sprachen lernen für die Motorradtour wichtig ist

Hier bietet sich der Grund- und Aufbauwortschatz in Verbindung mit einem Sprach-Reiseführer an. Immer wieder den Wortschatz durchscannen und die thematischen Kapitel, die einem für die eigene Tour wichtig erscheinen. Die Wiederholung einiger Kapitel aus der Grammatik kann auch nicht schaden, z. B. Konjugationen/Deklinationen (sofern die Sprache flektiert), Fragestellung, Pronomina.

Empfehlungen für Anfänger

Dann diejenigen, welche sich in einfachen, routinemäßigen Situationen verständigen können, in denen es um einen einfachen, direkten Austausch von Informationen und um vertraute Themen und Tätigkeiten geht. Sie können ein sehr kurzes Kontaktgespräch führen, aber normalerweise nicht genug verstehen, um selbst das Gespräch in Gang zu halten.

In diesem Falle würde ich mich an den einschlägigen Kapiteln des Sprachreiseführers orientieren und mich gedanklich in Situationen hineinversetzen, die auf mich zukommen könnten. Welche Wörter brauche ich dazu? Wie kann ich mich möglichst einfach ausdrücken, ohne mich zu verheddern? Auf Grammatik würde ich kein Schwergewicht legen, siehe unten. Es geht auch so.

Empfehlungen für Sprachneulinge

Niemand braucht sich blöd vorzukommen, wenn er eine Sprache nicht oder nicht mehr beherrscht. Das ist halt der Lauf des Lebens. Im Übrigen gibt es in unserem Motorrad-Aktionsradius zahllose Sprachen, die man ohnehin nur mit einer sehr speziellen Motivation lernen würde wie etwa Finnisch, Ungarisch oder Türkisch.

Meine liebe Frau ist große Spezialistin in dem, was sie als „Landser-Französisch“ (-Russisch, -Tagalog) bezeichnet. Ein robuster Grundwortschatz mit den Vokabeln, die man unbedingt braucht, konsequenter Verzicht auf Flexion, Reduzierung der Syntax auf einfache, dennoch verständliche Zusammenhänge. Ergänzung der Sprache durch Pantomime. Das klappt prima und sie kommt überall damit durch.

Ein wunderbares Büchlein für diese Vorgehensweise haben wir auch dabei:

Vor allem umgeht meine liebe Sozia damit ein Problem, mit dem alle konfrontiert werden, die anheben, sich in der Sprache des Gastlandes zu verständigen: Sobald die Leute mitbekommen, daß man ihre Sprache auch nur einigermaßen spricht, überschwemmen sie einen mit einem Redeschwall, daß man nicht mehr mitkommt. Bestes Beispiel Frankreich. Wer von uns ist schon fit im Argot?

Der israelische Satiriker Ephraim Kishon empfiehlt deshalb in einer seiner Reisegeschichten, auf keinen Fall die Sprache eines Gastlandes zu sprechen, sondern eine andere Fremdsprache. Also Französisch in England und Englisch in Italien etc. Dadurch nehme man den Einheimischen ihren sprachlichen Platzvorteil und könne nicht so leicht über den Tisch gezogen werden. Im Prinzip eine gute Taktik. Aber das gehört schon in die Oberliga der Sprachbeherrschung.

Fazit

Bei der Antwort auf die Frage, ob sich das Sprachenlernen für die Motorradtour ins Ausland wirklich lohnt, müssen wir zwei Zielrichtungen strikt auseinanderhalten:

  • Das Bestreben, eine Sprache stilsicher, variantenreich und verhandlungssicher zu beherrschen. Dies ist eine Lebensaufgabe, die sich erst im fortgeschrittenen Alter zur gewünschten Zufriedenheit erfüllen wird. Wer dieses Ziel erreichen will, muß sich deshalb wohl bewußt sein, worauf er sich einläßt.
  • Die Beherrschung einer Sprache auf einem den eigenen Vorkenntnissen und den eigenen motorradtouristischen Bedürfnissen entsprechenden Niveau. Dieses Niveau abzusichern und durch eigene Fortbildung zu steigern, darum ging es mir hier mit meinen Ratschlägen.

Darüber sollte nie vergessen werden, daß dieses Bemühen nicht nur unserem eigenen guten Durchkommen im Ausland dient. Es dient vor allem auch der Verständigung mit Menschen, die unterwegs unser Leben und Erleben bereichern. In diesem Sinne werde ich am 26. September, dem Tag der Europäischen Sprachen, eine gute Flasche Wein öffnen und auf dem Etikett mit der Übersetzungsarbeit beginnen. Hay algo con que empezar – Mit irgend etwas muß man anfangen.

Viel Spaß beim Sprachen lernen für die nächste große Motorradtour!

 

Meiner Tochter Charlotte danke ich an dieser Stelle herzlich für die Tipps aus ihrer Berufspraxis als Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin, die sie in diesen Beitrag eingebracht hat.

 

Aktualisiert am 25/02/2020 von Christian

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