Welche Faktoren sind beim Kauf einer Sonnenblende für den Motorradhelm zu beachten und wie beeinflussen sie die Sicht? Hier die Antworten im Einzelnen.
Was ist bei der Auswahl von Sonnenschutz beachten?
In diesem Beitrag beschreibe ich, welche Faktoren die Auswahl des richtigen Sonnenblende für den Motorradhelm bestimmen, wie sie sich auf die Sicht auswirken und welche technischen Daten beim Kauf zu berücksichtigen sind. Ist eine Sonnenbrille vielleicht doch die bessere Alternative? Was muß ich in Bezug auf Sicherheit, Färbung, Tönung und Material des Sonnenschutzes beim Motorradfahren beachten?
Sommer – Sonne – Gegenlicht: Die Auswahl der richtigen Sonnenblende für den Motorradhelm ist für Augen und Sicherheit gleichermaßen wichtig. Deshalb steht beim Kauf einer Sonnenbrille der Optiker mit spezifischer Beratung zur Seite. Andererseits sind für die Motorradausrüster Helme mit Sonnenblende aber nur eines von vielen verschiedenen Produkten, zu denen sie Beratung anbieten. Daher ist für den Kunden ist die Materialauswahl ist nur schwer zu überschauen.
Welche Farbe und welche Tönung sollte eine Sonnenblende für den Motorradhelm haben? Wie beeinflussen diese Faktoren die Sicht?
Was bieten die Hersteller an?
Die Einführung von Motorradhelmen mit integrierter Sonnenblende war seinerzeit ein revolutionärer Schritt: Anders als früher braucht man nun bei drastischem Wechsel der Lichtverhältnisse nicht mehr mit der Sonnenbrille herumzufummeln. Wird es bei einer Tunneleinfahrt im sonnigen Gebirge plötzlich stockdunkel oder machen die Wolken der Sonne den Weg frei und man fährt ins grelle Gegenlicht – ein Schub am Bedienknopf der Helm-Sonnenblende und die klare Sicht ist wieder hergestellt.
Mittlerweile bieten die meisten Hersteller solche Konstruktionen an, die sich beim sonnenfreudigen fahrenden Volk auch gut verkaufen. Die Verkaufsbroschüren liefern jedoch kaum handfeste technische Informationen über die Art des geeigneten Sonnenschutzes. Doch ihre Aussagen zur Qualität des Helmes beziehen sich in erster Linie auf die Konstruktion der Helmschale, Gewicht und Aerodynamik des Helmes oder das Sichtfeld des Visiers.
In Bezug auf den Sonnenschutz überlassen sie es ganz dem Käufer, welche Farbe er gerne haben möchte: gelb, blau, braun, grau und das ganze dunkler oder heller. Aber das ist keine wirkliche Hilfe. Schließlich ist nach einem Fehlkauf einiges für eine neue Sonnenschutzblende hinzublättern. Dieses Geld investiere ich lieber in Sprit an einem schönen Tourenwochenende.
Was bewirkt eine getönte Sonnenblende?
Anders als bei Sonnenbrillen geht es bei Sonnenblenden für Motorradhelme nicht darum, welche Farbe besonders chic aussieht. Es ist vielmehr eine Sicherheitsfrage: Die richtige Einfärbung der Sonnenblende verbessert die Wahrnehmung in der Tiefe, läßt die Augen nicht so schnell ermüden, sorgt für getreue Farbwahrnehmung und bietet insgesamt bessere Sicht. Bei schwächeren Lichtverhältnissen (z. B. Dunst oder Nebel) liegen die Vorteile einer richtig gefärbten Sonnenblende vor allem in einer stärkeren Kontrastwirkung.
Welche Tönung für die Sonnenblende?
Neben der Farbe ist der Grad der Tönung wichtig. Ihre Stärke wird in Zahlen angegeben, die aussagen, wieviel Prozent des einfallenden Lichts von der Sonnenblende abgeblockt werden. Steht in der technischen Beschreibung z. B. 75 %, heißt das: 75 % des einfallenden Sonnenlichts werden abgeblockt, 25 % durchgelassen. Je höher also die Kennzahl, desto dunkler die Sonnenblende oder die Sonnenbrille.
Dunkler sollte der Sonnenschutz beim Motorradfahren nicht sein, sonst adaptieren sich die Augen nicht schnell genug an das Dunkel, z. B. bei Einfahrt in einen Wald oder einen Tunnel. Für den Alltagsgebrauch bieten die Hersteller eine Tönung zwischen 25 und 75 % an. Je nach Anwendungsbereich oder persönlicher Präferenz liegt man damit im wesentlichen richtig.
Verlaufende Tönung
beim Sonnenschutz (oberer Bereich dunkler, unterer heller) ist nicht nur eine Frage des persönlichen Geschmacks. Sie hat u. a. den Vorteil, daß die hellere Tönung im unteren Bereich das Amaturendisplay bei Sonnenlicht besser ablesbar macht.
Dies wird aber zum Nachteil beim Fahren gegen die tiefstehende Sonne: Sie strahlt dann durch den unteren, helleren Teil des Verlaufsvisiers, das in dieser Lichtsituation keinen adäquaten Blendschutz mehr bietet. Führt dann die Strecke wieder in den Wald, erscheint die Umgebung durch den oberen Teil des Verlaufsvisiers wiederum zu dunkel. Kopfbewegungen nach oben/unten sind allenfalls eine kurzfristige Notlösung, die aber schon bald nervt.
Welche Farbe für die Sonnenblende?
Abgesehen von persönlichen Präferenzen sollte man sich im Klaren darüber sein, welche Farbe der Sonnenblende die Sicht in welcher Weise beeinflußt:
Dunkelgrau
ist optimal für extrem helles Licht (Hochgebirge, Meer). Es erschwert aber die Wahrnehmung von Kontrasten bei wechselnden Lichtverhältnissen.
Hellgrau
zählt zu den beliebtesten Farben für Sonnenschutz, da es die Farbwahrnehmung nicht oder nur sehr wenig verfälscht. Es dunkelt ab, läßt aber nicht eine Farbe wie die andere aussehen.
Braun/ Bernstein
ist nach Grau eine der beliebtesten Einfärbungen. Es wird als angenehm warm empfunden und filtert bei diffusen Lichtverhältnissen (z. B. bei wolkenverhangenem Himmel) blaue Lichtanteile aus. Bei wechselnden Lichtverhältnissen kann es Kontrast und Tiefenwahrnehmung verbessern, was beim Motorradfahren von besonderer Bedeutung ist. Diese Farbe hat sich auch bei schwächerem Licht bewährt, z. B. während der Dämmerung – sofern dann jemand überhaupt Sonnenschutz tragen will.
Grün
hat einen leicht aufhellenden Effekt: Die Farbe gilt als ideal bei Bewölkung. Aber sie übt auch eine beruhigende Wirkung. Angesichts der Dynamik des Motorradfahrens sollte man sich deshalb überlegen, ob Grün für diesen Einsatzzweck individuell die geeignete Sonnenschutzfarbe ist.
Graugrün
reduziert Lichtreflexe, hat sehr farbgetreue Wiedergabe, guten Kontrast und vermittelt eine klare Wahrnehmung des Sichtfeldes. Es filtert blaue Lichtanteile aus und wirkt bei grellem Licht ebenfalls beruhigend auf die Augen.
Blau
ist für den Einsatz im Straßenverkehr ungeeignet, da es die Farbwiedergabe verfälscht und den Kontrast verzerrt. Dies gilt in besonderem Maße für die Komplementärfarbe Orange an Schildern, Ampeln oder Straßenkegeln.
Gelb
verstärkt den Kontrast, insbesondere bei Nebel und in der Dämmerung. Es ist deshalb im Schießsport sehr beliebt. Für den Motorradfahrer ist diese Farbe jedoch weniger geeignet, da sie tagsüber kaum Blendschutz bietet.
Orange
wirkt kontraststeigernd bei dunkleren und nebligen Lichtverhältnissen – ideal zum Sporteln bei schlechtem Wetter. Die Farbe ist letztlich eine sehr individuelle Entscheidung.
Rot
erhöht zwar den Kontrast in grüner Umgebung (z. B. im Wald), ist aber grundsätzlich nicht empfehlenswert, da es den Blaulichtanteil komplett eliminiert und dadurch das Farbsehen erschwert. Damit scheidet diese Farbe für den Einsatz im Straßenverkehr aus.
Sonnenblende oder Sonnenbrille?
Immer wieder treffe ich unterwegs Leute, die auf den Komfort einer Sonnenschutzblende verzichten: wegen der oft voluminöseren Bauform solcher Helme oder weil sie ohne Mechanik am Helm auskommen wollen. Jeder, wie er mag.
Unbestritten gibt es aber Vorteile für das Fahren mit Sonnenbrille unter dem Helm, vor allem mit offenem Visier bei:
- langsamem oder mäßigem Tempo (z. B. im Stau oder in der Stadt),
- brütender Sommerhitze,
- Fahrten in südlichen Regionen bei hohen Temperaturen und gleichbleibenden Lichtverhältnissen (z. B. bei Strecken entlang dem Meer oder in der Wüste)
Allerdings kann es bei höheren Geschwindigkeiten recht laut werden – sofern man keinen Gehörschutz trägt.
Zu berücksichtigen ist stets das Risiko von Steinschlag oder anfliegenden Insekten, die im Gesicht oder auf der Brille eine erhebliche Auftreffenergie entfalten. Bis zu einem gewissen Grad können das handelsübliche Sonnenbrillengläser und Sonnenschutzblenden ab. Sie bestehen aus CR 39 bzw. aus Polycarbonat und weisen eine höhere Kratz- und Schlagfestigkeit auf als mineralische Gläser.
Aufgrund ihrer speziellen Materialeigenschaften splittern Kunststoffgläser bei Unfällen nicht oder weniger als Glas. Auch beschlagen sie bei entsprechender Witterung weniger als mineralische Gläser.
Sonnenschutz und Schlagschutz
Wer ganz auf Nummer Sicher gehen will, sieht sich nach Tactical Sunglasses oder Ballistic Sunglasses um, die für Einsatzkräfte konzipiert sind. Sie erfüllen in aller Regel die Anforderungen nach MIL-REF-31013 oder höher und haben sehr gute Splitterschutzwirkung. Wer noch mehr will, greift zu einer Schutzbrille mit NATO-Spezifikationen nach STANAG 2920. Zu beachten jedoch: Sicherheit hat ihren Preis.
Ich selbst habe mit vor Längerem den Luxus einer taktischen Sonnenbrille gegönnt und bin im wahrsten Sinne des Wortes hervorragend damit gefahren. Sie ist leicht, hochfest, gut an die Gesichtskonturen angepaßt, sitzt angenehm unter dem Helm und kommt darüberhinaus mit drei Austauschscheiben in verschiedenen Farben und Tönungen. So bin ich unterwegs für alle Einsatzmöglichkeiten gerüstet – inklusive der passenden Sonnenblende für den Motorradhelm.
Ähnliche Beiträge:
Aktualisiert am 08/01/2021 von Christian