Die Skyline Boulevard Motorradtour in Kalifornien ist szenisch packend und fahrerisch anspruchsvoll wie kaum eine andere an der amerikanischen Westküste. Was ist das Besondere dieser Traumstrecke?
Die Skyline Boulevard Motorradtour in Kalifornien
Die Runde verläuft zunächst von San Francisco südwärts auf dem Kamm der Costal Ranges. Dann trifft sie auf die Küstenstraße und führt an der Pazifikküste entlang zurück nach Norden zurück in die Bay Area.
Spannend wird es, sobald sich die Kurvenstrecke bergan windet. Auf dem Scheitel des Höhenzuges verläuft der Scenic Highway entlang der San-Andreas-Verwerfung, einer der gefährlichsten Erdbebenzonen weltweit.
Bevor die CA 35 sich gabelt, mäandert unsere Strecke die Berge hinunter nach Santa Cruz und erreicht dort die Küstenstraße CA 1. Diese fahren wir nun in voller Länge wieder zurück nach San Francisco, überqueren die Golden Gate Bridge und landen kurz darauf wieder in der heimatlichen Garage.
Ein besonderer Anlaß für eine besondere Tour
Über ein Jahr hatte ich meinen jüngsten Sohn im Motorradfahren ausgebildet. In den USA geht das unter bestimmten Voraussetzungen ganz unkompliziert. Man nimmt bei einem berechtigten Führerscheininhaber private Fahrstunden und unterzieht sich dann der amtlichen Fahrprüfung.
Aber so viele wunderbare Fahrstunden wie wir sie zusammen auf (Übungs-)Parkplätzen, Berg- und Küstenstraßen gemeinsam verbracht haben, lassen sich normalerweise kaum ableisten.
Pünktlich zum 16. Geburtstag wurde dann die Fahrprüfung mit Bravour absolviert. Mit seiner knallgelben Ducati Monster 750, die er sich in Ferienarbeit zusammengespart hatte, durfte mein Sohn dann offiziell alleine auf die Straße.
Was dann folgte, war die fahrerische Weiterbildung, die zu einem tolle Vater-und-Sohn-Erlebnis wurde. Die hier beschriebene Strecke, die wir gemeinsam gefahren sind, war dabei ein besonderes Schmankerl.
Die Strecke auf dem Skyline Boulevard
Golden Gate Bridge – Pacific Bvd – Half Moon Bay – Skyline Bvd – Santa Cruz – CA 1 – San Francisco. 322 km
Zunächst fuhren wir über die Golden Gate Bridge bis zum Presidio Park. Dort bogen rechts ab und erfreuten uns am Camino del Mar erst einmal am Anblick des Golden Gate, der Zufahrt nach San Francisco von See her.
Dann ging es auf der CA 1 immer geradeaus am Pazifik entlang. Ab und zu wurde eine Einsatzbesprechung eingelegt.
Wir fuhren immer weiter südwärts bis in die ausladende Bucht von Half Moon Bay. Dort bogen wir links ab in die Berge, bis wir den Skyline Boulevard erreichten. Die Strecke alleine ist landschaftlich eine Wucht: Satte, vom feuchten Pazifikklima genährte Redwood-Wälder wechseln sich ab mit weiten Ausblicken über Land und Meer.
San-Andreas-Verwerfung
Das Besondere an dieser Strecke: Wir fahren genau auf der San-Andreas-Verwerfung entlang. Also an jener geologischen Spalte, an der sich die Nordamerikanische an der Pazifischen Platte vorbeischiebt. Dadurch bewegen sich Los Angeles und San Francisco, die auf je einer dieser Platten gelegen sind, pro Jahr 6 cm aufeinander zu.
Was durch die dabei entstehenden gigantischen tektonischen Spannungen auf uns zukommen kann, wissen wir nur allzu gut. Erdbeben bis zu einer Stärke von 5,6 haben wir schon miterlebt. Ein ungutes Gefühl, wenn sich das ganze Haus in der Horizontalen bewegt und die Balken bedrohlich knarren.
Auf dem Scheitel der Costal Range kurven wir eine gute Zeit durch das dichte Grün, bis wir unsere Zwischenstation erreichen: Alice’s Restaurant.
Alice’s Restaurant
Alice’s Restaurant an der Gabelung der Staatsstraßen 35 und 84 ist ein Szenetreff erster Klasse. Im Jahre 1900 als General Store gebaut, wurde das Etablissement in den 1960ern in ein Restaurant umgewandelt. Besitzerin war eine gewisse Alice Taylor, daher der Name.
Die super-kurvige Old La Honda Road war immer wieder Anlaß, neue Maschinen gerade hier vorzustellen: 1991 ließ Kawasaki bei Alice‘s seine Ninja vom Stapel. Yamaha war dreimal hier zu Produktpräsentationen. Ducati absolvierte auf unserer Strecke mehrere Testfahrten. So schlecht kann unsere Strecke also nicht gewählt sein, oder?
Das Essen in Alice’s Restaurant habe ich immer sehr wuchtig erlebt. Kalorienarmut ist hier ein Fremdwort. Die kulinarischen Hausbomben heißen Kawasaki (grüne Chilis mit Käse) oder Ducati (French Toast, Einer und Schinken). Kaffee gibt es zum Einheitspreis soviel man will und verträgt. Nach winterlichen Fahrten durch den kalten Pazifiknebel haben wir schon öfter mit steifen Fingern die XXL-Kaffeebecher umklammert.
Abstieg zum Pazifik nach Santa Cruz
Hinter Alice’s Restaurant geht es in unendlichen Kurven hinunter zum Meer. Als wir in Santa Cruz ankommen, haben wir erst mal genug und wahrhaft eine Pause verdient. Standesgemäß machen wir am Bad Ass Café fest, stärken uns und strecken für ein ganzes Weilchen die Beine aus.
An der Pazifikküste entlang nach Hause
Nachdem unsere Konzentration muß wieder aufgefrischt ist, begeben wir uns nordwärts auf die Küstenstraße CA 1. Über die Schönheit dieser Strecke ist schon genug geschrieben und fotografiert worden. Damit kann ich wohl der Erinnerung und der Imagination des geneigten Lesers freien Lauf lassen.
Auf der Straße ist nicht allzu viel los, auch kaum Touris. Wir lassen es also rollen, bis wir hinter Half Moon Bay den Leuchtturm von Point Montara erreichen. Die Maschinen stellen wir ab, steigen die Treppen zum Meer hinunter, atmen in tiefen Zügen die frische Pazifikluft und genießen die Stille. Der Leuchtturm ist mittlerweile eine Touristenunterkunft geworden. Ein guter Tip für Erlebnisreisende.
Wir lassen uns Zeit. R & R – Rest and Recreation. Schließlich müssen wir uns doch von der wunderbaren Szenerie losreißen und steuern weiter nordwärts. Bald hat uns San Francisco wieder. Golden Gate Bridge grüßt uns mit seiner ganzen Länge. Bald fädeln wir uns in den Feierabendverkehr ein und donnern durch die Tunnels auf der CA 101.
Ein Schlenker rechts und etwas später noch einer links. Dann die letzten Serpentinen den Berg hinauf und schon stehen wir vor der heimatlichen Garage.
Und dazu noch das gute Gefühl: Mein Sohn ist jetzt wirklich auf dem Motorrad flügge geworden. Ich kann ich getrost alleine fahren lassen. Aber ehrlich: Noch schöner ist es zu zweit.
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Aktualisiert am 05/03/2021 von Christian