Drei Pyramiden sind der Aufhänger zu einer Zweitagestour durch Südbrandenburg auf einsamen Straßen und mit unerwarteten Sehenswürdigkeiten .
Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten
Man sieht nur, was man weiß.
— Goethe an Friedrich von Müller, 24. April 1819
Viel sehen auf der Spaßtour
Preisfrage: Was haben Brandenburg und die nubische Wüste gemeinsam? Antwort: Nicht allzu viel los (sagen manche) – viel Sand – und Pyramiden. Pyramiden? Ja, genau drei Stück. Erstaunlich. Das reizt geradewegs zu einer Entdeckungs-Pyramidentour in Brandenburg. Im Südosten des Landes gibt es dabei einiges zu entdecken, das selbst Einheimische oft nicht kennen.
Unsere Pyramidentour in Brandenburg beginnt südlich von Berlin, durchquert den lauschigen Spreewald und die Tagebau“landschaft“ bis Cottbus und schlängelt sich durch Wälder und an Seen vorbei wieder nordwärts Richtung Berlin zurück.
Zwei Tourentage mit 400 km bringen viel Fahrspaß. Besonders auch denjenigen, die gerade erst oder nach längerer Zeit wieder in das Tourenfahren einsteigen, egal ob solo oder in der Gruppe. Im Grunde ist es eine regelrechte Hop-on-hop-off-Tour, die am Rande der Strecke viel zu bieten hat. Da lohnt es sich, immer mal wieder eine kleine Pause einzulegen, etwas anzuschauen und dann – klonck – wieder den Gang einzulegen.
Wo geht unsere Pyramidentour in Brandenburg also lang?
Bülow-Pyramide in Großbeeren
Die erste Etappe verläuft am Südrand von Berlin. Kaum ist der Motor warm gefahren, steht man in Großbeeren schon vor der Bülow-Pyramide.
Ein Denkmal von überschaubarer Höhe aus grünlich schimmerndem Feldstein, 1906 errichtet zur Erinnerung an den Sieg preußischer Truppen über die im Jahre 1813 geschlagen aus Rußland zurückflutenden Franzosen. Der Wind pfeift, wo früher einmal eine Windmühle stand, später dann Napoleons Kanonen in der Schlacht von Großbeeren. Und jetzt unsere Pyramide #1.
Durch den Spreewald
Nach einigen Kilometern durch die Felder nimmt uns der Wald auf. Wir umrunden den Teupitzer See, queren bei Halbe die Autobahn und landen hinter Märkisch Buchholz an einem weiteren Gewässer, dem Köthener See. Wer (je nach Jahreszeit) Badezeug dabei hat, sollte unbedingt an der Badestelle in Köthen Halt machen. Es lohnt sich, ob zum erfrischenden Bad oder zu einer Kaffeepause.
Damit liegt schon der Untere Spreewald vor uns, durchzogen von baumbestandenen Kanälen und reizvollen Tourenstraßen, mit schmalen Brücken und – in Schlepzig – mit der ältesten Roggen-Whiskey-Destillerie Deutschlands. Wer nach einem Besuch glaubt, er sehe jetzt Doppelbilder, kann beruhigt sein: Die Straßenschilder sind in dieser Gegend schon zweisprachig in Deutsch und Sorbisch.
Hinaus aus Słopišća geht es dann auf einsamen Landstraßen und durch romantische Alleen bis zum Kleinen Schwielochsee nach Goyatz/Gójac. Auch hier immer alles schön bilingual.
Hinter Lieberose erstreckt sich beiderseits der schnurgeraden Bundesstraße die Lieberoser Heide, die größte Wüstenlandschaft Mitteleuropas. Von den Russen jahrzehntelang als Truppenübungsplatz genutzt, ist und bleibt sie eine geschundene Landschaft, die wegen ihrer immensen Munitionsbelastung nur eingeschränkt begehbar ist. In Form noch aktiver und rekultivierter Tagebaue setzt sich die belastete Landschaft rund um Cottbus fort.
Pückler-Pyramide im Schloßpark Branitz
Wie ein Naturwunder von einzigartiger Schönheit breitet sich am Südostrand von Cottbus der von Fürst Pückler (dem mit dem leckeren Eis) entworfene und gestaltete Landschaftspark Branitz aus. Für Kunst- und Gartenliebhaber ist der Besuch ein absolutes Muß. Wer weniger Zeit mitbringt, sollte auf jeden Fall die aus Erdreich aufgeschichtete Pyramide im Park ansehen, die sich der „Grüne Fürst“ noch zu Lebzeiten als Grabmal hat bauen lassen. 12 Meter hoch, ragt sie mitten aus dem See. Hier liegt er mit seiner geschiedenen Ehefrau Lucie. Seine Gefährtin Machbuba, die er als nubische Sklavin auf einer Orientreise freigekauft hatte, liegt auf dem Friedhof im benachbarten Bad Muskau bestattet.

Fürst Pücklers Grabmal im Schloßpark von Branitz – Clemensfranz, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Cristalica-Pyramide in Döbern
Jenseits der Autobahn Cottbus – Liegnitz steuern wir auf den landschaftlich reizvollen Teil der Oberlausitz zu. Ländlich-sittlich wird es hier, die Straße ist gut und übersichtlich; da läßt sich der dreizylindrige Schrittmacher unter mir nicht lange bitten. Hinter einer Kurve glänzt dann in Döbern im hellen Sonnenlicht die Cristalica-Pyramide, eine mit Glasplatten verkleidete, 18 m hohe Holzkonstruktion. Sie dient der benachbarten Glashütte als Verkaufsstelle. Glasmacherei hat hier seit dem 18. Jahrhundert Tradition. Sand, Quarz, Holz und Kohle gibt es in der Lausitz ja zur Genüge.
Rakotz-Brücke
Südostwärts rollen wir dann weiter durch die Wälder. Wie erfrischend in der drückenden Sommerhitze! Dann eine Rechtskurve Richtung Spremberg. Nach wenigen Kilometern macht schon ein großer Parkplatz darauf aufmerksam, daß es hier etwas Besonderes geben muß: Im Wald nebenan liegt der Rhododendrenpark Kromlau, der größe seiner Art in Deutschland. Darin erstreckt sich ein langer See, über den sich ein halbkreisförmiger Brückenbogen spannt, die Rakotz-Brücke (von sorb. rak, Krebs). Freundlicherweise hat man daran gedacht, gleich gegenüber dem Zugang ein langes Spalier von Motorradparkplätzen anzulegen, so daß sich dieses beliebte Fotomotiv bequem erreichen läßt.
Tagebaulandschaft
Wenn kurz vor Spremberg die Straße wieder aus dem Kühle spendenden Wald hinausführt, wird einem Zug um Zug bewußt, daß man sich hier in einer gigantischen Energielandschaft befindet: Energie Cottbus-Graffitti zieren die Brückenpfeiler; die Renaturierungswälder vermitteln den Eindruck einer monotonen Baumplantage; in das Sandbraun der endlosen Gruben mischt sich das Schwarz der Braunkohle. Linker Hand erstreckt sich der Industriepark Schwarze Pumpe, einst Vorzeigeprojekt der DDR-Energiepolitik.
Am Westrand des Reviers erreichen wir dann den Großräschener See, einen weitläufigen gefluteten Tagebau, der als Erholungsgebiet gestaltet wurde. Deshalb: Im Sommer Badesachen nicht vergessen!
Schlösser und Herrensitze
Hinter Großräschen beginnt das Waldreich der Parks und Schlösser: Die Straßen werden endlich wieder etwas abwechslungsreicher und eröffnen nach jeder Kurve neue Perspektiven. Nächster Stopp ist Altdöbern mit seinem neubarocken Schloß, in dem während des Krieges die Königlich Schwedische Botschaft untergebracht war. Zum Schutz gegen Fliegerangriffe wurde das Dach in den Nationalfarben blau-gelb angemalt.
Wer genug von Schlössern gesehen hat, sollte aber am Markt unbedingt vor dem Café Schauwerk Halt machen: Die Auswahl an Leckereien ist grandios und das hausgemachte Eis fantastisch. So etwas hätte man in dieser Einsamkeit nicht erwartet.
Wer sich aber für versteckte Schönheiten begeistern kann, wird 20 km weiter belohnt mit dem zauberhaften Park, der das Wasserschloß Fürstlich Drehna umgibt. Einfach einen kurzen Stopp einlegen, eine kleine Parkrunde um das Schloß herum. Und vor dem Eingang locken Brauerei und Wirtsgarten.
Die Sträßchen auf dem folgenden Streckenabschnitt machen richtig Spaß, zumal man sie allenfalls mit einem Traktor teilen muß. Gleich um die Ecke passieren wir das neugotische Schloß Beesdau, das offensichtlich noch größeren Renovierungsbedarf hat.
Durch die Wälder zurück nach Berlin
Die nächsten 50 km kommen wir uns auf den entlegenen Sraßen richtig verloren vor. Schadet nichts, der Fahrspaß blüht weiterhin. Luckau, Baruth und der Mellensee sind die nächsten Stationen. Hier lohnt ein kurzer Erfrischungsstopp am Badestrand. Jetzt kommt schon langsam Berlin wieder in Sicht. Noch 50 km, dann schließt sich der Kreis der Pyramidentour in Brandenburg mit wunderbar zu fahrenden Straßen und vielfach unbekannten Sehenswürdigkeiten.
Fazit
Die zweitägige Pyramidentour in Brandenburg führt heraus aus der Hektik des Alltags hinein in einen Landstrich, der nicht nur die größte Wolfsdichte in Deutschland aufweist, sondern auch mit versteckten Sehenswürdigkeiten und kleineren Erlebnissen aufwartet, die man gerne in Erinnerung behält. Auch wenn sich die Strecke theoretisch an einem Tag bewältigen ließe, verschaffen zwei Tourentage doch mehr Genuß.
Streckenplan
Die zugehörige .gpx-Datei zum Nachfahren findest du hier.
Landkarte
ADAC-Regionalkarte 06 Berlin und Umgebung, 1:150.000
Touristische Informationen
https://blickgewinkelt.de/brandenburg-ausflugsziele-tipps/#suedost
Zur Vertiefung
Ohff, Heinz: Der grüne Fürst : Das abenteuerliche Leben des Hermann Pückler-Muskau. München: Piper ebooks, 2016.
Aktualisiert am 24/09/2023 von Christian
Kristof
24. September 2023 at 19:04
Vielen Dank für die Inspiration 🙂 werde ich kommendes Jahr bestimmt nachfahren. LG aus Michendorf vom Kristof
Christian
24. September 2023 at 19:45
Gerne geschehen! Viel Spaß und gute Fahrt,
Christian
Thomas Otto
26. September 2023 at 22:34
Hallo Christian,
immer wieder gern lese ich deine Fahrberichte. Diese Tour habe ich in verschiedenen Einzelstücken auch schon gefahren, aber dies ist ein Anreiz mal allein eine Zweitagestour zu unternehmen. Es ist für nächstes Jahr vorgemerkt.
Liebe Grüße aus Brandenburg an der Havel
Christian
26. September 2023 at 22:38
Hallo Thomas,
schön zu lesen, daß Du meinen Tourentipp gerne aufgenommen hast. Für die Fahrt wünsche ich Dir alles Gute und schöne Entdeckungen.
Liebe Grüße aus Berlin,
Christian
Phil
11. Oktober 2023 at 23:18
Hallo Christian,
vielen Dank für Deine tollen Berichte. Teile dieser Tour habe ich auch schon abgegrast.
Eine Pyramide hier praktisch vor der Berliner Haustür fehlt noch auf dem Tourplan 😀
Pyramide Garzau in 15345 Garzau-Garzin,
http://www.pyramide.garzau.de/index.html
Kleiner Tip: Mopped vorn an der Holz-Bank stehen lassen und ein paar Minuten durch den Wald spazieren. Wunderschön!
Liebe Grüße
Phil
Christian
16. Oktober 2023 at 09:32
Hallo Phil,
herzlichen Dank für den Tipp. Die nächste Runde ist schon gebucht!
Alles Gute und gute Fahrt
Christian