Die Motorradtour durch das Westhavelland führt zu einer Mumie, zu edlen Pferden, einem japanischen Garten, zur Absturzstelle Otto Lilienthals und zu einem Baumriesen.
Das bringt dieser Beitrag:
Motorradtour durch das Westhavelland
Wie so oft fallen bei uns Entschlüsse zu einer Motorradtour mit Besichtigungsprogramm während der letzten Tasse Tee beim Frühstück. Dann ist die Wahl rasch getroffen: Heute drehen wir eine Runde durch das westliche Havelland. Durch die ruhige Flußlandschaft zwischen Berlin und der Mündung der Havel in die Elbe.
Die vermeintlich leere brandenburgische Plaine hat Erstaunliches zu bieten: Unsere Motorradtour Westhavelland führt zur Mumie eines Ritters, zu einem Gestüt mit edlen Pferden, in einen verträumten japanischen Garten, zur Absturzstelle des Flugpioniers Otto Lilienthal und schließlich zu einem skurrilen Baumriesen.
Unsere Route ist schon vorbereitet und sieht folgendermaßen aus:
Streckenplan der Motorradtour Westhavelland
Berlin Zentrum – Wustermark – Nauen – Berge – Flugplatz Bienenfarm – Brädikow – Friesack – Nackel – Barsikow – Kampehl – Neustadt (Dosse) – Kampehl – Bartschendorf – Zietensaue – Gollenberg – Sieben Brüder Eiche – Görne – Kotzen – Nennhausen – Garlitz – Barnewitz – Gortz – Päwesin – Roskow – Ketzin – Neu Fahrland – Berlin Zentrum. 234 km
Raus aus dem Ferienrummel
Vom Start an bleibt uns der Exodus des ersten Ferienwochenendes nicht erspart: Wir quälen uns durch die dichten Autokolonnen aus Berlin hinaus auf die Autobahn. Da auch unsere Schleichwege verstopft sind, trösten wir uns erst einmal mit einer Tasse Kaffee in Segeletz. Hier ist das Ambiente ist sehr nett. Eine Gärtnerei mit angeschlossenem Café und Antiquitätenverkauf. Deshalb strecken wir erst mal gemütlich die Beine aus. Weder Touristenverkehr noch trübe Wetteraussichten können uns da beirren. Denn Regen hatte wir schon auf unserer letzten Tour zur Straußenfarm genug. Jetzt kann uns nichts mehr schrecken.
Kahlbutz, der mumifizierte Ritter
Nach dieser Erholungspause ist unser nächstes Ziel ist das Dorf Kampehl bei Neustadt (Dosse). Seine kleine Feldsteinkirche hat eine Besonderheit aufzuweisen: eine sehenswerte Mumie. Es handelt sich um den Ritter Christian Friedrich von Kahlbutz (1651 – 1702), eine regionale Berühmtheit.
Nachdem er als junger Offizier in der Schlacht von Fehrbellin (1675) Invalide geworden war, bestand er als Grundherr auf sein Recht der ersten Nacht mit einer schönen Magd. Als man dann kurz darauf deren Bräutigam tot auffand, richtete sich im folgenden Indizienprozeß der Verdacht gegen K.. Aber ihm war nichts nachzuweisen.
Deshalb wollte er sich aus der Sache herauswinden und legte er einen Reinigungseid ab: Wenn er der Mörder sei, wolle er als Toter nicht verwesen. Seitdem liegt er nun in der Gruft der Kampehler Dorfkirche in seinem verglasten Eichensarg. Honigfarben natürlich mumifiziert. Schamhaft bedeckt mit einem Tuch über seinen unkeuschen Lenden, die ihn die Zeitläufte überdauern ließen.
Übrigens ist Kampehl gut bewirtschaftet: An der Kirche gibt es zwei Gasthäuser mit Biergarten und eine sehr nette Töpferei mit Bewirtung.
Landesgestüt Neustadt (Dosse)
Wenige Kilometer weiter machen wir Halt am Stadtrand von Neustadt (Dosse). Unser Besuchsziel ist das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt, eines der größten Gestüte Europas. 1788 wurde es von König Friedrich Wilhelm II. gegründet. Ursprünglich sollte es schnelle, gewandte Armeepferde züchten. Daraus entwickelte sich im Laufe der Zeit die Zucht von Pferden als Nutztiere in der Landwirtschaft und für die private Reiterei.
Eine großartige Anlage. Aber jetzt am Wochenende sehen wir leider keine Pferde. Wahrscheinlich haben sie jetzt Freizeit und stehen im Stall. Lediglich eine Stute sehen wir, die gerade mit einem Anhänger abgeholt wird. Sie schaut recht zufrieden aus.
Japanischer Teegarten
Südlich von Neustadt wird unsere Motorradtour Westhavelland richtig interessant: Wir schlagen uns in die Büsche Richtung Dreetz und erreichen auf einer nicht klassifizierten, aber asphaltierten Straße die abgelegene Ortschaft Bartschendorf. Unser Ziel ist der am Ortsrand gelegene Japanische Garten. Ein Idyll der Sonderklasse.
Man muß nicht unbedingt Zen-Schüler sein, um hier innere Ruhe inmitten eines durchkomponierten Gartenreiches zu finden. Aber die mit aller Sorgfalt ausgesuchten, gesetzten und kupierten Pflanzen eröffnen eine eigene Welt, die sich dem Besucher bei ganz ruhiger Begehung erschließt.
Zuerst beschreiten wir einen Roji, 路地, einen „taubedeckten Teeweg“. Dieser ist mit seinen harmonischen Proportionen nach den traditionellen vier Prinzipien der japanischen Teekultur angelegt: Harmonie – Respekt vor Menschen und Dingen – Reinheit der Dinge und des Herzens – Stille und Gelassenheit. Da setzen uns gerne auf eine Holzbank und lassen uns von von der Atmosphäre einnehmen. Es tut einfach gut.
Otto Lilienthals Absturzstelle
Bevor wir in die reale Alltagswelt zurückkehren, durchfahren wir den wohl reizvollsten Teil unserer Tour: einen Plattenweg mitten durch die blühende Wiesenlandschaft, gesäumt von Büschen und Bäumen. Am Horizont erhebt sich der Gollenberg, an dem Otto Lilienthal seine Flugversuche durchführte und wo er dann letztlich abstürzte. Die Absturzstelle liegt, von Schildern bezeichnet, ca. 100 m bergan im Wald.
Sieben-Brüder-Eiche
Zum Abschluß machen wir noch Halt kurz vor Friesack. An einem Baumveteranen besonderer Art, der Sieben-Brüder-Eiche: 300 Jahre alt, 24 m hoch, wächst sie mit sieben Stämmen aus einer einzigen Wurzel. Dazu stellen wir die Maschine auf dem Fahrradweg ab und umrunden den Hügel, auf dem dieser Baumveteran residiert. Wenn wir wieder hier vorbeikommen, werden wir ihm zum Gruß zuwinken.
Dann rollen wir weiter abseits der großen Straßen durch das Havelland über Ketzin nach Berlin zurück. Mit den Erinnerungen an den Baum und den japanischen Garten gönne ich mir am Abend eine Kanne grünen Sencha-Tee.
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