Eine Motorradtour nach Torgau an der Elbe ist entspannend zu fahren und reich an landschaftlichen Schönheiten und kulturellen Überraschungen.
Entspannende Motorradtour nach Torgau
Eine Motorradtour nach Torgau an der Elbe ist weniger etwas für einen kurzen Tagestrip. Noch weniger etwas für diejenigen, die einfach nur Kurven kratzen wollen. Dazu ist die Elblandschaft im Dreiländereck von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg zu flach, die Straßen zu gerade und das Ziel etwas zu abgelegen.
Dafür entschädigen gut ausgebaute Straßen mit wenig Verkehr. Sie werden zum idealen Revier für alle, die auf einer problemlos zu fahrenden Strecke das Gefühl für das Motorrad zurückgewinnen wollen: nach einem düsteren Winter zum Beispiel, einem Wiedereinstieg in die Zweiradwelt oder nach einem glücklich zurückerlangten Führerschein.
Wer einfach nur fahren will, kann dies nahezu ungestört in anmutiger Landschaft tun. Wer zwischendurch etwas anschauen will, findet genügend lohnende Zwischenziele. Und wer sich in Torgau umtun will, wird gewiß nicht enttäuscht.
Die zugehörige .gpx-Datei zum Nachfahren findest Du hier.
Anfahrt an die Elbe
Aus welcher Himmelsrichtung die Motorradtour nach Torgau an der Elbe startet – man muß zunächst ein ganzes Stück fahren. Wenig kompliziert ist es von Berlin aus, wo die A 115 südwestwärts ins städtische Umland führt und von da aus viele Kilometer auf der B 101 nach Süden.
Ein gepflegtes Frühstück auf der Terrasse an einem strahlenden Sommermorgen ist ein guter Auftakt für eine Tour nach Nordsachsen. Unsere Reiseutensilien liegen gepackt bereit. Die Maschine wartet voll getankt in ihrem Refugium.
Mit einem Druck auf den Anlasserknopf erfüllt der sonore Klang des Motors den weiten Garagenraum. Erwartungsvoll nimmt der Motor Drehzahl auf. Gemäßigt zunächst. Sobald aber die Bundesstraße das Umland erreicht hat, pegelt sich die Nadel auf ein gepflegt flottes Marschtempo ein. Für die Geradeausfahrt auf freier Strecke übernimmt der Tempomat seinen Job. Sicher, das ist nicht jedermanns Sache. Aber er schafft freie Kapazitäten für einen unangestrengten Fahrgenuß.
Das erste Teilziel Luckenwalde ist im Nu erreicht. Dann passieren wir auf einer hervorragend ausgebauten Schnellstraße riesige Waldgebiete, die über lange Jahrzehnte wegen ihrer militärischen Nutzung durch Kaiser, Wehrmacht und Russen unzugänglich waren.
Kloster Zinna und Jüterbog
Am nächsten Punkt, im Klosterdorf Zinna gönnen wir uns und unserer braven Maschine eine Pause. Dort strecken wir die Knochen aus und besichtigen die frisch renovierte Klosterkirche. Vor der Weiterfahrt gönnen wir uns aber noch einen guten Kaffee mit ofenfrischem Blechkuchen im Garten des Webermuseums am Ortsrand.
Jüterbog, so sehenswert es sein mag, durchfahren wir und fädeln uns auf die L 811/111/113 Richtung Süden ein. Apropos landen: Hinter Oehna kommen wir an einen kleinen Verkehrslandeplatz vorbei.
Hier kann man Rundflüge über den Fläming machen. Oder aus der Vogelperspektive einen Eindruck gewinnen von den riesigen militärischen Anlagen, welche „die Freunde“ hinterlassen haben.
Sächsischer Landwein in Jessen (Elster)
Später, im östlichsten Winkel des Landes Sachsen-Anhalt, stoppen wir in Jessen an der B 182. Sie trägt hier den vielsagenden Namen „Weinberge“. Deshalb können wir als bekennende Weinfranken wir nicht anders, pirschen am Rebhang entlang und staunen, daß so weit im Norden noch Wein angebaut wird. Aber Tradition hat er. Schon Martin Luther hat Wein aus Jessen getrunken.
Auf der K 2232 folgen wir in ländlicher Einsamkeit dem Verlauf der Elbe. Herrlich ruhig ist es hier. Scharen von Wasservögeln begleiten unseren Weg. Ich schalte einen Gang zurück, um die Gegend genießen zu können. Bauern auf den Elbwiesen bringen Heu ein, umkreist von Rotmilanen und Kornweihen auf Futtersuche. Hinter dem Örtchen Mauken endet unsere Straße an der einsamen Gierseilfähre. Dort nehmen wir uns Zeit für einen Rundblick in dieser Stille. Währenddessen treibt die Fähre vom anderen Ufer aus gaaanz laaangsam auf uns zu.
Dann überqueren wir als einzige Passagiere den träge, aber kraftvoll dahinziehenden Fluß und genießen das Panorama der Auenlandschaft. Christine plaudert unterdessen angeregt mit dem reichhaltig tätowierten Fährmann, der sein Geschäft hier als Alleinunternehmer betreibt.
Blutige Schlacht bei Torgau
Am westlichen Elbufer, hinter Pretzsch, öffnet sich die Weite des Landes. Eine trügerische Stille, denn 1760 fand hier, nördlich von Torgau, die mörderischste Schlacht des 18. Jahrhunderts statt. Preußen gegen Österreicher.
Bei Elsnig setze ich den Blinker links und stelle die Maschine an der Dorfkirche ab. Hier verbrachte Friedrich d. Gr. eine kalte Novembernacht und wagte kaum, auf eine Wende des Kriegsglücks in der wechselvollen Schlacht zu hoffen. Letztlich gab es weder Sieger noch Besiegte, nur 35.000 Tote.

Friedrich d. Gr. in der Dorfkirche von Elsnig. – Quelle: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (GKI 30074)
In gemäßigtem Tempo fahren wir über das Schlachtfeld hinweg zum Denkmal auf der Süptitzer Höhe hinauf. Blutgetränktes Land. 5.000 Tote in einer einzigen Stunde. Wir werden so still wie das Land um uns.
Russisch-Amerikanischer Handschlag in Torgau
Wenig später erreichen wir das Ziel unserer Motorradtour nach Torgau an der Elbe. Kriegserinnerungen auch hier. Wir parken unsere Maschine am Brückenkopf, dort, wo sich Amerikaner und Russen am 25. April 1945 die Hand reichten. Propagandawirksam in Szene gesetzt.

Gedenken an eine vergangene Welt in Torgau: russisch-amerikanische Waffenbrüderschaft, Sowjetvolk und DDR
Die Stadtbesichtigung gestaltet sich insofern praktisch, als die meisten Sehenswürdigkeiten alle auf einer Linie von 300 m liegen.
Renaissanceschloß Hartenfels
Zunächst schauen wir uns das imposante, aufwändig restaurierte Renaissanceschloß Hartenfels an. Vor allem den Wendelstein – eine freitragende Wendeltreppe aus Elbsandstein an der Außenmauer im Hof, die ganz ohne Mittelsäule auskommt.
Dann verlassen wir an der gegenüberliegenden Seite das Schloß durch sein prunkvolles Haupttor über den Bärengraben. Hier faulenzen drei leibhaftige Pelztiere im Gras.
Grab von Martin Luthers Frau
Anschließend steuern wir auf der „Wintergrüne“ (seltsamer Name für eine Pflasterstraße) die Stadtkirche St. Maria zu. Hier liegt Katharina von Bora begraben, die Ehefrau Martin Luthers.
Auf der Straße, die wir nach Torgau gekommen sind, erlitt sie einen Kutschenunfall, an dessen Folgen sie verstarb.
Überall präsent in der Stadt ist Herzog Johann Friedrich der Großmütige, ein frommer Fürst, der seine Hand schützend über die reformatorische Bewegung hielt.
Lachend nehmen wir sein Lebensmotto mit auf unseren weiteren Weg.
Schloss Grochwitz
Von der neuen Elbbrücke aus werfen wir noch einen Blick auf das Schloß und lassen uns in der Abendsonne gemütlich nach Herzberg rollen. Dort schlagen wir im Schloß Grochwitz Quartier auf. Mit einigen kühlen Entspannungsbierchen aus sachsen-anhaltischen Braukesseln lassen wir auf dem Schloßbalkon den erlebnisreichen Tag ausklingen.
Was wir allerdings vorher nicht wissen konnten: Schlag 6 Uhr früh wecken uns die Affen aus dem benachbarten Tierpark mit ohrenbetäubendem Gejodel. Die hatten wir nicht einkalkuliert. Mit einem guten Frühstück im sonnendurchschienenen Schloßturm fühlen wir uns aber entschädigt.
Naturpark Nuthe-Nieplitz
Die landschaftlich reizvollste Etappe unserer Motorradtour nach Torgau an der Elbe haben wir uns für den Schluß aufgehoben: Die vergleichsweise kurvenreiche Strecke durch den Naturpark Nutze-Nieplitz. Beschwingt nehmen wir die Kurven durch Wälder und Auen, ein kleiner Trost für die langen Geraden, die wir auf dieser Tour schon hinter uns haben.
Zur Steigerung des Genusses laben wir uns bei einem Halt an einem Landgasthaus mit Kaffee und herrlichem Kuchen. Dann folgt der zweite Teil unserer Naturparkstrecke, bis uns die A 115 wieder aufnimmt und schnell, allzu schnell dem Ende unserer Tour in Berlin entgegenführt.
Aktualisiert am 18/05/2022 von Christian