Eine Motorradtour durch die Sächsische Schweiz führt durch eine der reizvollsten deutschen Landschaften. Wie organisiert man diese hochkarätige Tour?
Entdeckungstour durch die Sächsische Schweiz
Eine Motorradtour durch die Sächsische Schweiz lockt mit verwunschenen Flußtälern, abwechslungsreicher Landschaft und viel Kultur. Es gibt viel zu entdecken, die Leute sind nett, die Küche gut und der Kaffee traditionell meist noch besser als das, was man in anderen Gegenden angeboten bekommt.
Leider ist jedoch eine Tour durch den Südostzipfel Deutschlands für viele etwas aufwendig, denn dieses tolle Motorradrevier ist nur über eine längere Anreise erreichbar. Zumindest sind 200 km Autobahn von Bayern oder Berlin aus nicht jedermanns Sache.
Tourenidee
Deshalb: Warum nicht gleich einen Kurzurlaub einplanen und in Dresden das Basislager aufschlagen? Einen Aufenthalt in dieser Stadt haben wir noch nie bereut. Was einst die Preußen in Pulver und Blei investiert haben, gaben die sächsischen Könige für Kunst und Kultur aus. So viel, daß man kaum fertig wird mit dem Schauen.
Für die Anfahrt von Bayern und von Berlin aus haben wir attraktive Touren ausgetüftelt. Darüber bald an dieser Stelle mehr. Was macht nun eine Motorradtour durch die Sächsische Schweiz zu meiner Lieblingsstrecke?
Streckenplan Sächsische Schweiz
Dresden – Pillnitz – Heidenau – Glashütte – Bärenhecke – Lauenstein – Breitenau – Bahratal – Reichstein – Königstein – Bad Schandau – Saupsdorf – Sebnitz – Hohnstein – Pillnitz – Dresden. 169 km
Vielleicht bekommst Du Lust, diese Strecke nachzufahren. Die .gpx-Datei findest Du unter https://kurv.gr/RsdFn
Start und Ziel: Dresden
Der sächsischen Landeshauptstadt nicht mindestens einen vollen Tag zu widmen, wäre schade um die Zeit, die man sich für eine Motorradtour durch die Sächsische Schweiz reserviert hat. Nach der erlebnisreichen Anreise von Berlin versenken wir unsere Maschine erst einmal in der Hoteltiefgarage und werfen in unserem Zimmer routinemäßig die Kaffeemaschine an.
Gerade zur rechten Zeit, denn um 18.15 Uhr erklingt von der Fassade des barocken Zwingers gegenüber eine Symphonie für die Glocken aus Meißener Porzellan. Ein Stück weiter rechts flanieren abendlich gekleidete Musikfreunde auf die Semperoper zu. Nebenan hat das Grüne Gewölbe mit seinen unschätzbaren Kunstsammlungen gerade seine Pforten geschlossen.
Wir aber ziehen nach einer erfrischenden Dusche „um die Häuser“ und sind überrascht, was Dresden für Junge und jung Gebliebene zu bieten hat.
Am nächsten Tag, nach einem doch etwas länger gewordenen Abendausflug, holt uns die goldene Morgensonne früh aus den Betten. Das opulente Frühstück müßte eigentlich den Tag über vorhalten. Ihren neugierigen Blicken nach können sich die anderen Hotelgäste wohl keinen rechten Reim daraus machen, wer da mit etwas müden Augen in Motorradkluft am Nebentisch sitzt und sich dann mit einer FJR aus der Tiefgarage ins Freie katapultiert.
Sächsische Weinstrasse
Unsere Motorradtour durch die Sächsische Schweiz beginnt mit einem Blauen Wunder: Beileibe nicht mit einer unangenehmen Überraschung, sondern in Gestalt einer blau gestrichenen Elbbrücke: 1891/93 errichtet, galt diese Stahlfachwerkbrücke als technisches Wunder, daher ihr Name. Über die geruhsam fließende Elbe führt sich uns nach Loschwitz hinüber auf die Weinhänge zu.
Dort biegen wir auf die Sächsische Weinstraße ein. Das Wort „Weinstraße“ hat für Franken wie uns einen magischen Klang, denn es ist immer reizvoll, mit dem Motorrad an den Rebhängen entlang zu gondeln. Daß man sich mit dem Weingenuß auf den Abend vertrösten muß, bis die Maschine wieder in der Garage abgestellt ist, nehmen wir gerne in Kauf. Solche Strecken haben uns noch nie enttäuscht, weder im Beaujolais, noch an der Côte du Rhône, selbst nicht an der Donau bei Regensburg.
Auf 55 km windet sich die Sächsische Weinstraße an den östlichen Elbhängen entlang von Diesbar-Seußlitz bis Pirna. Seit dem 12. Jahrhundert werden in diesem (mit) kleinsten und östlichsten Weinbaugebiet Deutschlands Reben angebaut. Auf ungefähr 450 ha wächst so ziemlich alles, was den Gaumen erfreut: Müller-Thurgau, Riesling, Weiß- und Grauburgunder, sogar auch Spätburgunder und Dornfelder.
Von der geruhsamen Atmosphäre angesteckt lassen wir uns gemütlich durch die Weindörfer rollen, an Gutshäusern und Schlößchen vorbei, immer mit Blick auf die bläulich schimmernde Elbe.
In Pillnitz biegen wir dann ab zum Fähranleger. Von der schwarz-gelben Eisenfähre öffnet sich der Blick auf die Silhouette von Dresden und das Schloß Pillnitz mit seinen langen Panoramaterrassen. Wer es noch nicht kennt, sollte unbedingt die Zeit für einen Besuch einplanen.
Kurvenreiches Müglitztal
Am anderen Ufer setzt uns die Elbfähre bei Heidenau ab. Wer bei diesem Namen an Motorradreifen denkt, liegt absolut richtig. Schon nach kurzer Fahrt liegt das Reifenwerk vor uns. Kaum sind wir unter der A 17 durch, nimmt uns die S 178 durch das Müglitztal auf. Unsere Motorradtour durch die Sächsische Schweiz kann jetzt richtig beginnen.
Wir sind ja einiges an schönen Schluchtstrecken gewöhnt. Aber das Müglitztal hat wirklich etwas Besonderes. Tief eingeschnitten windet sich der kleine Fluß durch das Erzgebirgsvorland, begleitet von der altgedienten Schmalspurbahn und natürlich von unserer Straße. Sie ist gut ausgebaut und hervorragend zu fahren, Spaßgarantie inklusive. Links und rechts erheben sich bewaldete Hänge. Warum diese Strecke Teil der Deutschen Alleenstraße sein soll, erschließt sich uns als Berlin-Brandenburger allerdings nicht so recht. Sei’s drum.
Nach einer guten halben Stunde beginnt der Geldbeutel in meiner Jackentasche zu jucken. Und zwar heftig. Kein Wunder, denn innerhalb von 5 Minuten kommen wir in Glashütte an der versammelten Oberliga deutscher Uhrenmanufakturen vorbei. Wer willens und in der Lage ist, den Neuwert seiner Maschine in ein edles Stück Feinmechanik am Handgelenk zu investieren, wird hier in Millisekunden fündig.
Die gediegenen Preise erklären sich von selbst beim Besuch des Deutschen Uhrenmuseums, in dem eine atemberaubende Kollektion von Meisterstücken aus Glashütte präsentiert wird. Samt der Kunst ihrer Fertigung.
Die nachfolgende Kurvenstrecke vertreibt allfällige Flausen rasch aus dem Kopf, zumindest beim Kaffeestop im Mühlencafé Bärenhecke. Aus dem überreichen Angebot an Süßgebäck bescheide ich mich mit einer sächsischen Eierschecke, quasi als landeskundliche Legitimation meiner kulinarischen Begierde. Wer riskieren will, das Leistungsgewicht seiner Maschine drastisch zu reduzieren – hier bietet sich eine willkommene Gelegenheit dazu.
Durch das Bielatal zur Elbe
12 Kilometer kurven wir lässig weiter durch das Müglitztal. Ab Lauenstein kommt dann wirkliche Arbeit auf uns zu: Auf rumpligen Straßen winden wir uns achterbahnmäßig in die Höhe bis Markersbach. Eine Strecke, die Umsicht und Erfahrung erfordert. Kilometer um Kilometer wird man daran erinnert, wie wichtig es ist, beim Motorradfahren die von Teerflecken und Beschotterung durchsetzte Straße zu lesen, zu interpretieren, sie vorauszuberechnen.
Von Markersbach aus geht es dann stetig abwärts durch das Tal der Biela auf die Elbe zu. Auch dieser Streckenabschnitt ist nicht ganz einfach zu fahren. Über die vorherige Pause in Bärenhecke bin ich deshalb recht froh.
Elbuferstrasse
Bevor wir bei Königstein die Elbe erreichen, wollten wir eigentlich noch die dortige Festung besuchen. Die abschreckende Präsenz zahlreicher Reisebusse auf dem Parkplatz ändert jedoch unsere Entscheidung in Richtung „Weiterfahren“. Schade eigentlich, aber wir sind ja garantiert nicht zum letzten Male hier.
Wie sehr der Elbdurchbruch durch das Sandsteingebirge Maler von Bernardo Bellotto über Ludwig Richter bis zu Caspar David Friedrich fasziniert hat, wird uns auf der folgenden Etappe von Königstein bis Děčín (Tetschen) klar. Dies ist wohl der reizvollste Abschnitt des gesamten Elbverlaufs.
In stillschweigendem gegenseitigen Einverständnis biegen wir bei Bad Schandau nicht in das Kirnitzschtal ein, sondern fahren noch ein Stück weiter elbaufwärts. Weil es so schön ist, klar. Aber auch, um auf tschechischer Seite den Třináctý Pramen zu besuchen, die „13. Quelle von Karlsbad“. Sie kommt aus dem Supermarkt in einer moosgrünen Flasche mit gelbem Etikett und ist (in maßen genossen) unser Kultgetränk gegen eventuelles Unwohlsein.
Kurvenreiches Kirnitzschtal
Zurück in Bad Schandau folgen wir der Wegweisung in das Kirnitzschtal. Ein idyllisches Waldtal ähnlich dem der Müglitz. Aber es wartet mit einer Besonderheit auf: An das gewundene Flüßchen schmiegt sich eine Landstraße und zwischen beide zwängt sich die Kirnitzschtalbahn – mit nur einer Linie die kleinste Straßenbahn Deutschlands. Für die weiß-gelbe Tram ist der Straßenrand reserviert. Also Vorsicht auf die Geleise bei Nässe!
Aus den bewaldeten Hängen ragen – besonders aus den Kurven gut sichtbar – immer wieder bizarre Felsformationen hervor. Hinter dem Lichtenhainer Wasserfall (Kurzstop empfohlen) begleiten senkrechte Felswände den Weg. Man kann sich richtig vorstellen, wie sich Karl May, aus Radebeul hierher gewandert, von diesem Felsental zu seinem Roman „In den Schluchten des Balkan“ inspirieren ließ.
Die Kirnitzschtalstraße ist ein Kleinod auf unserer Motorradtour durch die Sächsische Schweiz. Sie ist Klasse zu fahren, animiert in schöner Abfolge zu Schräglagen und bietet selbst dem verwöhnten Auge hinter jeder Kurve einen neuen herrlichen Anblick. Je nach Straßenverkehr, Lust und Laune fährt man eine knappe halbe Stunde bis zum Talende nach Hinterhermsdorf – vorbei an Sägewerken und dem einladenden Fachwerk-Gasthaus zur Räumichtmühle.
Auf der K 8739 geht es dann wieder aus dem Tal heraus über Saupsdorf nach Sebnitz.
Tip zum Fahren auf der Kirnitzschtalstraße:
Wenn man die Strecke von Bad Schandau bis Hinterhermsdorf am Morgen fährt, also der Sonne entgegen, werfen die Bäume stroboskopartige Schatten auf die Straße. Dies wirkt gerade bei zügiger Kurvenfahrt sehr irritierend. Also besser am Nachmittag fahren mit der Sonne im Rücken (aber dann ist mehr Verkehr) oder bei bedecktem Himmel.
Vom Nationalpark Sächsische Schweiz zurück zur Elbe
Wer bis jetzt noch nicht genug hat von Kurven und idyllischer Nationalpark-Landschaft, bekommt noch ein Extra beim Blick auf Hohnstein, die „Burgstadt am Fels“. Ein kleiner Rundgang durch das malerische Städtchen lohnt wirklich.
Von dort aus ist es dann nicht mehr weit nach Pirna. Auf der Sachsenbrücke überqueren wir wieder die Elbe und legen die restlichen Kilometer unserer Motorradtour durch die Sächsische Schweiz auf der A 17 nach Dresden zurück.
Der morgige Tag gehört der Stadt Dresden und all dem Schönen, das sie zu bieten hat.
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Aktualisiert am 07/05/2022 von Christian