Unsere Motorradtour durch die Rocky Mountains führt uns durch den einsamen Wilden Westen der USA weit abseits des kommerziellen Tourismus‘.
Motorradtour durch die Rocky Mountains: unbekanntes Amerika
Die meisten USA-Motorradtouristen tummeln sich auf allseits bekannten Strecken. Dort, wo schon alle anderen hinfahren: Route 66 in Arizona oder die CA 1 in Kalifornien. Das kann es aber nicht sein, wenn man ein so vielgestaltiges Land wirklich erleben will, oder?
Deshalb brechen wir auf in das unbekannte Amerika zu einer Motorradtour durch die Rocky Mountains. Wohin sich kaum ausländische Touristen verirren. In das Hinterland, abseits der großen Städte und Strecken, durch Wüsten und Gebirge. Um Land und Leute besser kennenzulernen.
Wie uns das gelungen ist, zeigt der Reisebericht unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains in 15 Etappen.
Vorbereitung unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains
Nachdem ich im Vorjahr alleine mit unserer Tochter Charlotte durch den tiefen Süden der USA von Küste zu Küste gefahren war und mir deshalb Christines Mißmut zugezogen hatte, löste ich jetzt zur Wiedergutmachung mit großem Vergnügen mein Versprechen ein:
Zusammen erobern wir den Wilden Westen auf zwei Rädern. Auf Strecken, die kaum jemand kennt. Um dabei Gegenden zu entdecken, deren Reiz man sich durch Abenteuergeist und Durchhaltevermögen erschließen muß.
Das Frühjahr über hatten wir Karten und Reiseführer gewälzt, Ortskundige befragt und in den tiefen Gründen des Internets einschlägige Tips gesammelt. Langsam verdichteten sich unsere Vorstudien zu einem geschlossenen Reisebild durch ein Land mit all seiner Wildheit, Schönheit und Einsamkeit. Im Juni begann die Vorfreude auf unsere Motorradtour durch die Rocky Mountains spürbar in Reisefieber umzuschlagen.
Konkret zur Sache ging es dann bei einem technischen Kolloquium mit meinem Werkstattmeister von BMW of San Francisco, der unsere GS in- und auswendig kennt. Er versprach mir, sie über den regulären Wartungsplan hinaus für eine mehrere Tausend Meilen lange Tour fit zu machen. Gefühl, Gehör und „Popometer“ bestätigten mir bei der Heimfahrt, daß eigentlich alles in Ordnung sein müßte. Müßte.
Amerika ist ein wunderbares Reiseland. Unterwegs bekommt man zwar alles, was man so brauchen können sollen müßte. Trotzdem war angesichts des begrenzten Stauraums strikter Minimalismus beim Packen angesagt. Alles, was wir für die nächsten zwei bis drei Wochen an Bekleidung und Ausrüstung brauchten, mußte in unsere drei Motorradkoffer passen – und tat es auch dank unserer erprobten, ausgeklügelten Packtechnik.
Nach tiefsch(l)ürfendem Hin- und Herdenken bei einer Flasche Rotwein kamen wir zu dem Schluß, daß eigentlich alles in Ordnung gehen sollte und wir endlich losfahren könnten.
1. Etappe: Durch Obstplantagen in die Sierra Nevada
Tiburon, CA – Buck Meadows, CA. 210 mi / 338 km
Nach einem gemütlichen Frühstück mit Abschiedsblick auf die San Francisco Bay fährt das Garagentor hoch und gibt den Weg frei für unsere Motorradtour durch die Rocky Mountains. Allerdings starten wir mit gemischten Gefühlen, denn das Wetter ist keineswegs so sommerlich, wie man sich in Europa einen kalifornischen Sommer vorstellt: kühle 14°, leichtes Nieseln und grauer Nebel, den es vom Pazifik her ins heiße Inland zieht.
Zunächst rollen wir hinab zur San Francisco Bay, überqueren bei feuchtem Seitenwind die Golden Gate Bridge und wenig später ihre längere Schwester, die Bay Bridge. Hinter Oakland drehen wir auf den Highway 580 nach Süden ein. Ab Hayward geht es dann für die nächsten Tage immer nach Westen. Zu unserer Freude klärt sich bei Livermore das Wetter auf und strahlender Sonnenschein begleitet uns für den Rest des Tages.
Hinter Manteca öffnet sich im San Joaquin Valley eine andere Welt: Ein Viertel der amerikanischen Landwirtschaft ist hier beheimatet. Die nächsten zwei Stunden fahren wir nur durch Obstplantagen, unterbrochen allenfalls durch kleinere Landarbeitersiedlungen. Kein Mensch spricht hier mehr Englisch. Es ist rein spanisch/mexikanisches Land.
Die Suche nach einer Abkürzung erweist sich leider als Fehler und kostet uns 40 Meilen Umweg. Grund genug für eine Rast an einem Coffee Shack am Eingang zur Yosemite Road. Hinter Oakdale beginnt das Goldgräberland: Namen wie Copperopolis, Copper Grove City und immer noch vorhandene Geisterstädte wie Quartzburg zeugen vom Gold Rush der 1850er Jahre.
Dann geht es den Golden Chain Hwy hinauf in die Sierra Nevada. Hinter Priest beginnt eine herrliche Bergstrecke, die sich bis auf eine Höhe von 7.000 ft/2.100 m emporwindet. Der Ausblick auf die unter uns liegenden Seen ist grandios. Nach unanstrengender Fahrt erreichen wir am Nachmittag in Buck Meadows die Yosemite Westgate Lodge (**), einfach aber zweckmäßig und vor allem mit einem Pool, in dem wir uns nach der Fahrt erfrischen können. Nach einem frugalen Abendessen mit dem kältesten Bier unseres Lebens fallen wir in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
2. Etappe: Über die Sierra Nevada in die Wüste
Buck Meadows, CA – Tonopah, NV. 215 mi / 346 km
Das Wetter beglückwünscht mich zum Geburtstag mit einem strahlend blauen, glasklaren Himmel und angenehmer Temperatur. Noch vor 9 Uhr starten wir zu einer herrlichen Landschaftsfahrt durch den Yosemite Park, den wir, ganz ohne Verkehr, für uns alleine haben. Als wir so vor uns hingondeln, sichtet Christine 30 m neben uns in den Büschen einen mächtigen Braunbären.
Je weiter wir den Tioga-Paß bergan fahren, desto karger, aber auch eindrucksvoller wird die Landschaft. Auf der Paßhöhe gönnen wir uns eine Pause und werfen einen Blick auf die gewundene Straße, die uns talwärts in Richtung Wüste führt.
Wir lassen es rollen, bis sich an der Ostflanke der Sierra Nevada der Blick auf den Mono Lake öffnet. In einem seelenlosen Kaff namens Lee Vining verproviantieren wir uns für die Mittagspause und füllen den Tank voll bis Oberkante Unterlippe für die weitere Wüstenfahrt.
Gegen Mittag erreichen wir auf einer Höhe von 1.944 m ü. d. M. den Mono Lake. Baden sollte man dort keinesfalls, denn er ist dreimal so salzig wie die Ozeane und extrem Arsen-belastet. Dieser Zustand hat jedoch nichts mit einem Eingriff des Menschen in die Natur zu tun.
Erklären lässt sich die hohe Arsenbelastung durch den Regen, der das Schwermetall aus der umliegenden Bergwelt in den Mono Lake bringt. Nur wenige Tier- und Pflanzenarten passen sich solchen extremen Wasserbedingungen an. Natürliche Abflüsse besitzt der See keine, die Salz-Konzentration steigt so kontinuierlich an. Durch diesen Umstand bekam der Mono Lake den Spitznamen „Kaliforniens Totes Meer“.
Deshalb lassen wir uns lieber im Schatten des angrenzenden Inyo National Forest zu einem gepflegten Lunch nieder und stören uns leichtsinnigerweise nicht an dem diversen Getier, das da herumfleucht und kreucht.
Damit sind wir gestärkt für die nächsten 130 Meilen, die uns bei Gluthitze und Trockenheit immer geradeaus durch die Wüste führen. Dann erreichen wir endlich Tonopah, NV, was in der Sprache der Western Shoshone-Indianer so viel bedeutet wie „etwas Wasser und ein paar Bäume“.
In the middle of nowhere an der Kreuzung der beiden Highways 6 und 95 gelegen, zeichnet sich der Ort mit seinen zweieinhalbtausend Einwohnern durch nichts weiter aus als seine Geschichte des Silberbergbaus im 19.Jahrhundert und die Tonopah AFB, auf der die Stealth-Flugzeuge getestet wurden.
Die einsamen Straßen in Nevada sind ein Gottesgeschenk für jeden, der auf einsamster Piste knackig Strecke machen möchte: keine Seele weit und breit, keine Nebenstraßen, keine Gehöfte am Straßenrand, keine hinderlichen Stopschilder. Irgendwelche Läden um etwas einzukaufen suchst du hier ebenso vergeblich wie Tankstellen. Kein Baum, kein Strauch weit und breit. Bevor ein Tier deinen Weg kreuzt, siehst du es schon meilenweit vorher. Kein Wunder, daß vor allem das Militär diese Wildnis mit Testgeländen und Flugplätzen in Beschlag genommen hat.
In Tonopah erwartet uns das Best Western Hotel mit Schwimmbad, Internet, Kaffee und Plätzchen. Dort erfrischen wir uns erst einmal und erleben später einen grandiosen Abendhimmel, während wir den Tag noch einmal an uns vorüberziehen lassen.
Dennoch machen wir uns Sorgen, weil Christines Mittelfinger deutlich anzuschwellen beginnt. Wenn er nicht besser wird, suchen wir morgen einen Arzt auf.
3. Etappe: Durch die Wüste
Tonopah, NV – Hatch, UT. 360 mi / 579 km
Christines Finger wird dicker und schmerzt heftig. Wir müssen ins Krankenhaus. Das Nye Regional Medical Center, zuständig für ein Wüstengebiet von der Größe Dänemarks, aber mit nur 32.000 Einwohnern, entpuppt sich als gut organisiert, nett und kompetent. Der Aussage des Arztes zufolge hatte Christine hatte eine Begegnung mit der Loxosceles reclusa, a. k. a. Brown recluse a. k. a. Braune Einsiedlerspinne. Ihr Biß ist bösartig und erfordert umgehende Behandlung.
Der Arzt stellt uns vor die klare Alternative: Entweder Finger abmachen und Ring behalten oder Ring abmachen und Finger behalten. Keine Frage, Christines Familien-Siegelring fiel einer kleinen Flex zum Opfer, der Finger wurde behandelt. Noch am gleichen Vormittag kann sie das Krankenhaus wieder verlassen, angetan mit einem dicken grell orange leuchtenden Fingerverband, der, so die ausdrückliche Weisung, den ganzen Tag hochzuhalten sei.
Tolles Bild, Christine auf dem Soziussitz, Mittelfinger hoch in die Luft und jedermann weiß, was Sache ist. Übel genommen hat es ihr aber niemand. Glücklicherweise schlug die Behandlung gut an, der Finger schwoll langsam ab und leuchtete fortan mehrere hundert Meilen durch die Wüste. Der durchgesägte Siegelring setzte seine Reise im Seitenkoffer fort.
Am späteren Vormittag, bei schon beträchtlich gestiegener Sonne, verlassen wir den einsamen Ort und biegen auf die Interstate 6 ein in die noch einsamere Wüste. Stundenlang, bei immer gleichen 2.800 U/min geht es unentwegt geradeaus, immer auf den endlos fernen Horizont zu, der wie aus einer tiefen Pfanne ansteigt.
Die Teiletappen unserer bisherigen Motorradtour in die Rocky Mountains gleichen sich: 50 Meilen bis zum Horizont, dann über einen Felskamm, dann wieder hinunter, weitere 50 Meilen bis zur nächsten geologischen Barriere und so weiter. Wir denken, wir sind im falschen Film, als wir in dieser Mondlandschaft einen Radfahrer überholen. Sein Auto, mit dem er vielleicht hierher gekommen sein muß, haben wir aber nirgendwo entdecken können. Hinter Warm Springs (nomen est omen) biegen wir südostwärts ab auf die SR 375, den „Extraterrestrial Highway“:
Wir hatten nicht geglaubt, daß es von „Nichts“ noch eine Steigerung geben könnte. Aber für die nächsten Stunden durften wir sie erleben. Erbarmungslos brennt die Sonne auf uns nieder, Salz bedeckt unsere Lippen, die Kehle dörrt aus. Aber die Maschine läuft brav mit dem beruhigenden Gleichklang der Kolben.
Wir fahren an der Area 51 entlang, dem Testgebiet für Atomversuche in den 50er und 60er Jahren. Vorbei an dem berühmten schwarzen Briefkasten, der die Zufahrt zur Test Range markiert. Kurz darauf sind wir froh, die Streusiedlung Rachel zu erreichen und fliehen vor der Hitze in das hervorragend gekühlte Little A’Le’Inn. Ein Platz für UFO-Freunde und Nuklearfreaks, vollgestopft mit allen möglichen Memorabilien.
Ich weiß nicht, wie viele Gallonen in dieser ersehnten Marschpause in uns hineingeflossen sind. Als wir wieder nach draußen zum sonnendurchglühten Motorrad gehen, fährt ein Truck mit Pferdeanhänger vor und der Besitzer bittet an der Bar um einen Schlauch, damit er sein Pferd absprühen kann. Das arme Tier.
An der einzigen Tankstelle im Umkreis von 150 Meilen tanken wir noch randvoll. Dann geht es weiter über Crystal Springs (wie erfrischend), Caliente (auch hier: nomen est omen) und Modena (seltsam) hinunter ins Tal nach Cedar City, UT, eine Oase, die ihrem Namen alle Ehre macht. Wie bei einer Fata Morgana rollen wir eine Stunde lang auf einen grünen Bergzug zu, der den 30.000-Seelen-Ort beherrscht.
Hier nehmen wir erst einmal ein verdientes Abendessen ein. Als ich noch einmal hinaus an die Maschine gehe, um etwas aus dem Heckkoffer zu holen, spricht mich eine Mormonenfrau in Tracht des 18. Jahrhunderts auf mein Gefährt an: Wieviel PS, wieviele Ventile, Drehmoment? Meine anfängliche Verdatterung löst sich in einem netten Gespräch auf. Es lohnt sich eben immer, mit den Menschen zu reden.
Bei sinkender Sonne rollen wir weiter durch den Dixie National Forest, der uns mit herrlicher Landschaft und einem wilden Canyon für die vorangegangene Hitzefahrt entschädigt. Schließlich empfängt uns unsere Unterkunft in Hatch, UT mit dem Charme eines DDR-Betriebsferienheimes. Aber es ist ordentlich und sauber. Wir beschließen diesen ganz besonderen auf der Porch und bestaunen die grandiose Felsenlandschaft im Abendlicht.
4. Etappe: Rote Felsen im Bryce Canyon
Hatch, UT – Bryce Canyon – Hatch, UT. 111 mi / 179 km
Nach der gestrigen Langstrecke legen wir heute einen Wandertag ein. Zunächst fahren wir in aller Morgenfrische durch ein herrliches Tal bergan zum Bryce Canyon. Entdeckt wurde diese natürliche, auf 2.500 m Höhe gelegene Amphitheater-Landschaft mit ihren Hoodoos (Felspyramiden) im Jahre 1875 von dem Mormonen Ebenezer Bryce, als er eine entlaufene Kuh suchte. „A hell of a place to lose a cow!“
Wir stellen unsere Maschine auf dem Parkplatz ab und wandeln den ganzen lieben langen Tag, 7 Stunden, bei brutaler Hitze in Motorradklamotten und Stiefeln durch diese grandiose Landschaft. Von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt. Wir sind völlig hingerissen und werden des Schauens nicht müde.
Als die Beine dann doch müde werden, schwingen wir uns wieder in den Sattel und rollen hinunter ins Tal nach Panguitch, UT, wo wir in ein monströses Harley-Treffen geraten. Never mind.
Nach kurzer Suche wird das Cowboy‘s Smokehouse Cafe die Futterstelle unserer Wahl – und wir bereuen sie nicht. In uriger Umgebung serviert man uns das beste Räucherfleisch, das wir in all unseren USA-Jahren genossen haben. Essen super, Stimmung einsame Spitze, alle Anstrengungen des Tages verfliegen im Nu.
Um uns herum lauter martialische Harley-Typen, ihre Frauen nicht unter Doppel-D. Zu unserer Überraschung trinken alle nur Eistee, keinen Alkohol. Obwohl ringsum blöde Sprüche über BMW gerissen werden („Is this a mobile shower in the top case?“), wird die unsrige doch wohlwollend als Fremdkörper voll akzeptiert. Auch Christines erhobener Mittelfinger wird humorvoll kommentiert. Zu unserer Überraschung gehen die „Rocker“ sehr zeitig zu Bett und morgens um 8 sind alle schon wieder unterwegs.
Derart gesättigt führt uns der Weg wieder zurück in unser Quartier nach Hatch, UT. Dort lassen wir uns auf unserer Porch nieder, ruhen die Füße auf dem Geländer aus und ziehen unsere Bereitschaftsflasche mit Single Malt aus dem Gepäck. Eine gute Havanna entläßt ihre Kringel in die laue Abendluft. Der Blick hält sich fest an den orangefarbenen Felsen, die uns in einem schier endlosen Fast-360°-Sonnenuntergang entgegenleuchten. Wie auf einer Kitschpostkarte ziehen dunkle Silhouetten gigantischer Lastwagen vor einem grell orangeroten Hintergrund auf dem Highway an uns vorbei. So etwas Wunderbares haben wir noch selten gesehen.
5. Etappe: Durch das Land der Mormonen
Hatch, UT – Salt Lake City, UT. 346 mi / 557 km
Als wir es uns im Frühstücksraum bequem gemacht haben, kommen zwei betagte Herren in Motorradklamotten herein. Der eine um die 70, der andere gut über 80. Wir kommen mit ihnen in ein sehr nettes Gespräch und sie bewundern unsere europäische Ausstattung, die – nach ihrer Ansicht – für einen gepflegten Bauch wesentlich besser passen als all das, was es in Amerika gibt. Der „Jüngere“ erzählt, daß er mit seinem Kumpel jedes Wochenende auf Tour geht. Nachdem er es nicht mehr auf seine Harley Electra Glide schafft, hat ihm sein Sohn die Maschine zum Trike umgebaut. Jetzt kann er wieder prima fahren, auch mit weit über 80. Respekt, muß ich sagen.
Nach einem frugalen Frühstück satteln wir auf und begeben uns auf die Utah State Route 12, die sich rühmt, die „Zweitschönste Panoramastrecke der Welt“ zu sein. Den Tip hierzu hatte ich bei einer Werbeagentur in L. A. lockergemacht, die auf dieser Strecke Werbefilme für Sportwagen und Motorräder dreht. Eine grandiose Strecke, die sich an rotglühenden Felsformationen vorbei durch tiefe Canyons und hohe Bergrücken windet. Die Ausblicke sind ebenso atemberaubend wie die fahrerische Freude auf dieser erfreulich verkehrsarmen Route.
Der Versuch, sich in dem abgelegenen Städtchen Escalante zu verproviantieren, scheitert am rigoros eingehaltenen Sonntagsgebot im Mormonenstaat. Alles geschlossen. Als wir ratlos herumkurven und dann schließlich an einer geschlossenen Tankstelle Halt machen, schiebt sich ein Truck neben uns. Ein malerisch tätowierter Typ grinst uns breit an und fragt, ob wir etwa die Motorradreifen hinten auf seiner Ladefläche bestellt hätten. Nein. Dann stellt er sich als „Tyre Doctor“ vor, dessen besonderer Service darin besteht, liegengebliebenen Kraftfahrern in der Wildnis zu neuen Reifen zu verhelfen. Als Zeichen seiner Zunft trägt er die beiden silbernen Buchstaben „DR“ als Ohrringe.
Angesichts der leeren Straßen und der Länge der vor uns noch liegenden Fahrtroute fragen wir ihn sicherheitshalber, ob irgendwelche Polizeipatrouillen unterwegs sind. Sinnend schaut er auf seine mächtige Armbanduhr, wendet er seinen Blick gen Himmel und bescheidet uns: „They’re probably all in church now. Nevertheless, watch out“. Dann entläßt er riesige Dieselwolken aus seinen kamingleichen Auspuffrohren und rauscht ab in Richtung Wüste auf der Suche nach seinen Auftraggebern.
Als wir aus dem Ort herausfahren, bremse ich unsanft ab angesichts eines Streifenwagens am Straßenrand – mit Cop drin. Beim langsamen Vorbeifahren entdecken wir den Trick: Der Cop ist nicht echt, er ist eine aufgeblasene, als Polizist maskierte Gummipuppe! Unser herzhaftes Lachen übertönt selbst das Motorengeräusch unseres Boxers.
Der zweite Teil unserer Tagesreise wird lang, heiß und mühselig. Die State Route Utah 24 führt uns über ein menschenleeres Hochplateau, das uns weite Ausblicke darauf eröffnet, wieviel Strecke noch vor uns liegt. Aber auch sie erfreut uns mit einem außerordentlichen landschaftlichen Reiz.
Und dann glaube ich, ich traue meinen Augen nicht: Uns entgegen kommt eine lange Kolonne liebevoll restaurierter Kübelwagen, VW 181, mein Lieblingsgefährt aus alten Zeiten. Und das mitten in Utah.
Christine ist sichtlich angestrengt von diesem Gewaltmarsch und hängt sich zur Entlastung ihres Allerwertesten über das Motorrad. Pausen in kürzeren Abständen sind deshalb angezeigt, auch für den Fahrer.
Bei Nephi biegen wir dann nordwärts auf die Interstate 15 ein. Auf ihr erreichen wir in raschem Schritt über Promo die Staatshauptstadt Salt Lake City. Eine Ortserkundung erübrigt sich, da wir die Stadt schon von früher kennen. Schade nur, daß die Bingham Canyon Kennecott Copper Mine in diesen Tagen geschlossen hat, der tiefste Tagebau der Welt. So steuern wir unser Best Western Hotel an, das sich als eher nüchtern, aber zweckmäßig und sauber erweist. Abschließend gönnen wir uns noch eine Zehrung bei unserem Lieblings-Traiteur In-N-Out Burger, dann sinken wir rechtschaffen müde in die Pfühle.
6. Etappe: Durch den Wilden Westen
Salt Lake City, UT – Alpine, WY. 296 mi / 476 km
Bei morgenfrischem Sonnenwetter rollen wir auf die Interstate 15 North bis Brigham City – die wohl einzige Stadt, die den Namen eines praktizierenden Polygamisten trägt. Dort schlagen wir uns dann nordostwärts auf der U. S. Route 89 in die Büsche und erreichen am späteren Vormittag Logan, eine weitere Mormonen-Hochburg mit weithin sichtbarem Tempel oberhalb der Stadt. Nun beginnt unsere eigentliche Motorradtour durch die Rocky Mountains.
Von hier aus windet sich die Straße bergan und nun folgt der schönste Teil unserer Tagesstrecke, der Logan Canyon Scenic Byway: tief eingeschnitten in die Berge, gesäumt von dichtem Laubwald, immer entlang am rauschenden Logan River, hinter jeder der unzähligen Kurven ein neuer, faszinierender Ausblick. Am Flußufer legen wir einen ebenso ersehnten wie verdienten Halt ein, um unseren Rücken wieder geradezurecken. In lauschiger Umgebung genießen wir ein ausgedehntes Picknick. Eine Wohltat Magen und Sitzfleisch
Beschwingt fahren wir weiter nordwärts auf den Beaver Mountain (2.377 m) zu, die höchste Erhebung in Utah. Dort biegen wir dann nach Südwesten ein, erklimmen eine letzte Bergkuppe – von der aus sich ein grandioser Blick eröffnet auf den tief saphirblauen Bear Lake, ein Solitär in einer weitgestreckten Landschaft mit merkwürdig leerem, d. h. unbewachsenen Ufer.
Von unserem Bellevue schwingen wir uns die Horseshoe Curves hinunter nach Garden City und folgen der westlichen, von blühenden Büschen und Bäumen gesäumten Uferstraße nach Idaho hinein. Dann mutet es plötzlich französisch an: Über St. Charles und Paris erreichen wir Montpelier, ID.
Welcome to the Potato State! Wir reiten in diesen urigen Wild-West-Ort in Idaho ein und binden unser Stahlroß erst mal vor Aho’s Espresso Deli an. In der folgenden, abermals verdienten Kaffeepause wird uns klar, daß wir wahrscheinlich schon seit längerem die einzigen Ortsfremden hier sind.
Uns gegenüber liegt die Bank, die Butch Cassidy und Sundance Kid am 13. August 1896 überfallen und um Geld, Gold und Silber im Wert von über $ 16.500 erleichtert haben. Ein wahrhaft historischer Ort. Weiter unten auf der High Street erstehen wir in einem Eisenwarenladen einige nützliche Kleinigkeiten. Der Ladenbesitzer und seine beiden wohlgestalteten Töchter schauen uns an, als kämen wir wie Aliens von einer fernen Galaxie. Daß wir dann auch noch Englisch sprechen, steigert ihre Verwirrung noch mehr.
Erfrischt, gestärkt und belustigt setzen wir unsere Motorradtour durch die Rocky Mountains auf der U. S. 89 fort und überschreiten bei Geneva die Grenze nach Wyoming. Afton, der nächste bemerkenswertere Ort, unterscheidet sich in rein gar nichts von den anderen Wildwestdörfern, die wir auf unserem Weg durchfahren haben.
Trotz der wunderschönen Fahrt registrieren wir mit einer gewissen Erleichterung, daß das heutige Tagesziel unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains in erreichbare Nähe gerückt ist. Wir durchfahren das leergefegte Star Ranch Valley und erreichen am frühen Abend unseren Etappenort Alpine, WY. Unsere Unterkunft im Flying Saddle Resort entpuppt sich als wunderschön, sehr gepflegt und vor allem: ausgestattet mit himmlisch bequemen Betten, die wir uns nach diesem Tagesritt wahrlich verdient haben – ebenso wie das ausladende Steak im Hotelrestaurant.
7. Etappe: Motorradtour durch die Rocky Mountains und den Yellowstone Nationalpark
Alpine, WY – Yellowstone National Park – Bozeman, MT. 278 mi / 447 km
Vom Hotelparkplatz führt unsere Motorradtour durch die Rocky Mountains gleich an den Snake River, dem wir für die nächsten 150 Meilen in einem berauschend schönen Tal auf dem U. S. Highway 191 folgen: vorbei am tiefblauen Jackson Lake und der beeindruckenden Bergkette der Grand Tetons bis in den Yellowstone Nationalpark.
Normalerweise drängt es uns nicht gerade zu den überlaufenen Touristenzielen. Aber in Amerika gewesen zu sein ohne die wunderbare Landschaft dieses Parks bewundert zu haben ist wie für einen Amerikaner eine Deutschlandreise ohne Neuschwanstein.
Zu unserer Überraschung ist der Park zwar gut besucht, aber keineswegs überfüllt. Also einen Gang heruntergeschaltet, das Visier geöffnet und die Natur auf sich wirken lassen. Neben großen Herden schwerfüßiger Bisons fällt uns besonders ein kapitaler Hirsch am Straßenrand auf, der sich auch durch die Scharen fotografierender Touristen nicht aus seiner Ruhe bringen läßt.
Am Old Faithful legen wir einen Halt ein und warten gespannt auf seine pünktlichen Eruptionen. In erholsamem Müßiggang schlendern wir um die von bunten Sedimenten verkrusteten Heißwasserquellen herum und lassen uns schließlich an einem Aussichtspunkt zum Picknick nieder, bei dem wir das Sprudeln, Spucken und Sprühen der Geothermie auf uns wirken lassen.
So schön dieser Streckenabschnitt unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains auch ist, hat er doch seine Länge, die uns Kreuz und Sitzfleisch nachdrücklich spüren läßt. Umso willkommener ist dann ein Zwischenstop an einer altertümlichen Tankstelle in Canyon Junction.
Von dort aus geht es wieder zurück auf den U. S. Highway 191 nach Norden. Nun müssen wir nur noch die verbleibenden 130 Meilen respektive zweieinhalb Stunden bis zum Etappenziel überstehen.
Leicht ermattet erreichen wir bei Ende Büchsenlicht Bozeman, MT und machen Quartier in den Days Inn & Suites, einem sehr angenehmen Hotel, ausgestattet mit allem, was man als lonesome rider so braucht. Die Rezeption scheint unsere geheimen Bedürfnisse zu ahnen und gibt uns einen unfehlbaren Restaurant-Tip.
Für den Rest des Abends lassen wir uns im gemütlichen 14 North Restaurant nieder, essen hervorragend und laben uns an (alkoholfreiem) Moose Drool, der jedoch wesentlich besser schmeckt als sein Name dies befürchten läßt. Die Kellnerinnen sind ausgesprochen freundlich und tragen trotz draller Figur sehr kurze Faltenröckchen und neckische weiße Socken in den Turnschuhen. Christian bemerkt wohlwollend, dass man sie an bestimmten Stellen der Anatomie wesentlich länger als im politisch korrekten Kalifornien angucken darf!
8. Etappe: Heisse Quellen in Montana
Bozeman, MT – Norris, MT – Bozeman, MT. 84 mi / 135 km
Eine Woche sind wir nun schon mit unserem Motorrad unterwegs auf unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains. Zweitausend Meilen durch das Hinterland von Amerika. 40,534 Gallonen Sprit haben wir dafür durch die Ventile unseres braven Boxermotors gesprüht. Unsere Ausrüstung ist minimalistisch, aber ausreichend. Fast jedes unserer Hotels hatte im Keller eine Waschmaschine und einen Trockner. Ansonsten wird im Waschbecken auf dem Zimmer gewaschen. Auf der mitgebrachten Schnur sind unsere Klamotten am nächsten Morgen wieder trocken.
Wir genießen das Vagabundendasein, leben auf der Landstraße und von ihr, atmen ihren Geruch und ihren Staub. Ihr entlang verpflegen wir uns aus lokalen Supermärkten, auf Parkplätzen und in Restaurants, die uns gerade gelegen kommen. Überall dort begegnen wir tollen, interessanten und vor allem netten Menschen, die wir gerne in Erinnerung behalten. Lange Etappen verlangen uns viel ab.
Christine schlägt sich als Beifahrerin wunderbar, hat aber – wie auf jeder langen Tour – ihren Reisekoller und will nicht mehr weiterfahren. Nach einer Woche ist deshalb ein Ruhetag mehr als verdient.
Wir bummeln zu Fuß durch das hübsche Städtchen Bozeman, das uns mit seiner gemütlich-ländlichen Atmosphäre gleich für sich einnimmt. Bei Schnee’s Powder Horn Outfitters erstehen wir für Christine als Andenken einen rollbaren Stetson. Ich selbst begnüge mich in der Ecke mit den Tranquilizern mit einer Packung Sierra 8 mm Pro Hunter. Zum Abschluß unserer Runde lassen wir uns in einem netten Café nieder.
Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg nach Norris, um in der heißen Quelle unsere müden Körper zu beleben. Als wir vorher noch an einer Tankstelle Halt machen, haben wir eines dieser unvergeßlichen Amerika-Redneck-Schlüsselerlebnisse:
Wir rollen in voller schwarzer Montur und mit Integralhelmen an die Zapfsäule vor. Neben uns zwei knackige Western-Mädels mittleren Alters mit ihrem Truck. Auf der Ladefläche ihre Einkäufe und ein Hund. Kommt die eine mit wackelnden Hüften auf mich zu: „Oh, look at that! Maybe it’s Tom Cruise!“ Klappt mir das Visier hoch, schaut mir tief in die Augen. “No, it’s not Tom Cruise!” Visier zu. Wir lachen alle herzlich, erzählen, wo wir herkommen und hinwollen (Kalifornien ist für sie, wie für viele hier, ein absolutes No-Go) und plaudern noch ein bißchen. Einfach nett.
Nach einem halben Stündchen erreichen wir Norris, MT und plaudern ausgiebig mit dem Besitzer der Snorrin‘ Horse Bar. Sein Etablissement ist schon wirklich weit von der Zivilisation weg und dementsprechend eingerichtet – aber: Nebenan gibt es ein mit Holz ausgekleidetes Becken, das aus der Tiefe von einer vulkanischen Wasserquelle gespeist wird.
Als wir dann bis zum Kinn im sehr heißen Wasserstehen, ist unsere einzige Reaktion nur ein tiefes, langgezogenes „Aaaahhhhh“. Das Thermalbad tut uns unheimlich gut und läßt uns die Anstrengungen der vergangenen Tage vergessen. Wir sind in einer anderen Welt und genießen sie in vollen Zügen. Doch Jeder genießt anders: Ein sehr beleibtes Ehepaar besteigt den Heißwasserpool, er mit einem Sixpack eigekühlten Bieres im Arm. Die Flaschen werden geöffnet, Heiß und Kalt mischen sich in den fetten Leibern.
Nun ja … Als der Tag sich neigt, entsteigen wir nolens volens dem erfrischenden Naß, rollen zurück gen Bozeman und beschließen den Abend mit einigen ortsüblichen Moose Drools.
9. Etappe: Saphire und Raketen in Montana
Bozeman, MT – Great Falls, MT. 206 mi / 332 km
Unsere Klamotten haben wir im Hotel gewaschen. Für die Fütterung der Waschmaschinen steckt immer ein Münzvorrat im Tankrucksack. Das Motorrad bekommt aus dem mitgebrachten Babyfläschchen noch einen Viertelliter Mobil 1, dann kann der Motor noch ein gutes Stück weiterschnurren. Bei leicht bedecktem Wetter setzen wir unsere Motorradtour durch die Rocky Mountains auf der uns (aus Utah und Idaho) altbekannten U. S. 89 fort. Sie soll uns durch Montana bis an die kanadische Grenze bringen.
Mit seinen schneebedeckten Bergen, sattgrünen Tälern und Blockhäusern mutet Montana an wie Bayern. Hier könnte man wirklich leben, zumal der Menschenschlag sehr unkompliziert und nett ist. Wir genießen die vertraute Atmosphäre. Stundenlang rollen wir nordwärts durch hügelige Weiden. Ortschaften durchfährt man hier seltener, Kühe am Wegesrand sind unsere einzigen Begleiter. Ted Turner hat eine Bison-Ranch in dieser Gegend. Big sky county heißt das hier – man versteht gleich, warum.
Als wir durch ein besonders breites Talstück fahren und der Blick völlig ungebremst ringsum bis an den Horizont geht, passiert mir (Christine) plötzlich etwas Denkwürdiges: Der Himmel über mir wölbt sich wie eine Käseglocke und ich bin auf einmal der Mittelpunkt meines Universums. Alles in mir wird friedlich und ruhig und ich bin Gott so dankbar für dieses Leben und die große Freiheit des Augenblickes. Die Erscheinung hält leider nur ein paar Kilometer an, aber ich werde das Gefühl mein Leben lang nicht vergessen!
Am Nachmittag endet diese Tagesetappe unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains in Great Falls, MT und wir steuern schnurstracks unser Hotel an. Es folgt die übliche Routine: Einchecken, Kaffeemaschine anwerfen, Duschen, landfein machen. Der Stadtrundgang hält sich angesichts der enttäuschend unspektakulären Ortschaft eher in Grenzen.
Wir gehen erst mal zu dem hier noch recht schmalen Missouri, der innerhalb der Stadtgrenzen in einer Serie von Stromschnellen und fünf Wasserfällen etwa 150 Meter fällt. Daher der Ortsname. Entdeckt wurden die Wasserfälle im Sommer 1805 von der Lewis-und-Clark-Expedition, auf deren Spuren wir von nun an wandeln. Sie haben den Fluss noch als donnernde und gewaltige Naturkraft erlebt, wir hingegen sind von dem müden Spektakel nicht so recht beeindruckt. Ein weiteres highlight ist der Roe River, mit etwas mehr als 201 Fuß (rund 61 Meter) angeblich der kürzeste Fluß der Welt und als solcher auch im Guinness-Buch der Rekorde gelistet. Wir erkunden den gesamten Flusslauf auf einer sehr schönen Promenade.
Was wir allerdings nicht ansteuern, ist die benachbarte Malmstrom AFB, auf der Interkontinentalraketen stationiert sind. Die Militärbasis ist der größte Raketen-Stützpunkt der westlichen Hemisphäre. Wir lenken unsere Schritte lieber zu Rogers Jewelers, wo Christine ein paar hübsche Ohrringe ersteht, mit Saphiren, die im benachbarten Yogo Gulch abgebaut wurden. Ein helles, wunderbares Blau, aber leider ist die Mine erschöpft und es gibt nur noch Restbestände. Deswegen heißen sie hier kurz: „Yogos“. Den Abend lassen wir – beim unvermeidlichen Moose Drool – im Hotelrestaurant ausklingen.
10. Etappe: Indianerreservat und Hochgebirge
Great Falls, MT – Kalispell, MT. 300 mi / 483 km
Diese Etappe unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains beginnt sehr, sehr fade: Das Wetter ist durchwachsen, die U.S. 89 präsentiert sich in ihrer ganzen Länge, es geht immer nur geradeaus und unterwegs ist nur wenig zu sehen: Herden mit Cowboys und Hütehunden, hin und wieder einen Trailer Park oder, wenn es hoch kommt, eine einsame Ölförderpumpe.
Zur Unterbrechung visitieren wir einen kleinen Supermarkt in dem sehr deutsch anmutenden, aber französisch klingenden 1.500-Seelen-Ort Choteau, um uns zu verproviantieren. Dann geht es immer geradeaus weiter, bis es uns zu langweilig wird und wir dem Drang nach einem Kaffee nachgeben – im Bear Den Café in Dupuyer, MT, 85 Einwohner. Wir sind nun endgültig im hinteren Teil Amerikas angekommen.
Die lange, schnurgerade und vor allem einsame Straße hat den großen Vorteil, daß wir ohne allzu große Sorge vor schwarz-weißen Limousinen gut Strecke machen können. So kommen wir gegen Mittag ins Land der Blackfoot-Indianer und nutzen in Browning, MT die Gelegenheit zum Besuch des dortigen Indianer-Museums.
Es ist sehr interessant und lehrreich. Vor allem bekommt man einen sehr viel differenzierteren Eindruck davon, was es mit amerikanischer Zivilisation und Landnahme im Westen auf sich hat. Die Indianer kannten vor der Begegnung mit dem weißen Mann weder Rad noch Pferd. Lasten wurden auf Stangen gebunden und Hunden aufgepackt. Lautloses Schleichen und Fährtenlesen waren überlebenswichtige Fähigkeiten.
Größere Gruppen von Tieren hat man einfach über Felsklippen getrieben und unten die Reste eingesammelt. Allerdings finden wir die heutige Trostlosigkeit des Ortes sehr bedrückend. Wir können uns nicht vorstellen, daß die Menschen hier wirkliche Chancen auf ein erfolgreiches oder glückliches Leben haben.
Auf der Weiterfahrt entschädigt uns der zweite Teil der heutigen Etappe unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains reichlich für die Öde des Vormittags: In St. Mary, kurz vor der kanadischen Grenze, verlassen wir die U. S. 89 und biegen westlich auf die Going-to-the-Sun-Road ein, eine ideale Motorradstrecke, die auf den 2.026 m hohen Logan-Pass hinaufführt. Zunächst fahren wir ein ganzes Stück an dem traumhaft schönen St. Mary Lake entlang, dann geht es in herrlichen Serpentinen immer höher hinauf. Christine ist nicht ganz wohl ob der tiefen Schluchten, deren Abgrund wir mit nur ein paar cm Abstand passieren, vorbei an Felswänden, Wasserfällen und Steinschlägen. Wo immer es möglich ist, halte ich mich an die Straßenmitte.
Auf der Paßhöhe, dem Crystal Point, legen wir eine Pause ein, um das herrliche Panorama zu genießen. Jetzt spielt auch das Wetter mit. Dann lassen wir uns, immer mit Blick auf die majestätischen Berge, talwärts rollen, vorbei an Sturzbächen und Katarakten, jetzt aber auf der Bergseite der Strecke. Weiter unten geht es an einem weiteren wunderschönen See entlang, dem Lake McDonald. Aus ihm heraus speist sich der Flathead River (benannt nach den hiesigen Indianern), dem wir ein Stück folgen, bis wir einen herrlichen Picknickplatz ausfindig machen.
Auf dem Fluß kommt uns ein Kanu entgegen mit zwei netten jungen Männern, die nach dem Anlegen gleich mit uns ins Gespräch kommen. Sie erzählen von einer mehrtägigen Tour auf dem Fluß mit Übernachtungen im Zelt auf Flußinseln und Bärenbesuch. Da sind uns Hotels doch lieber! Das Bärenwarnschild respektieren wir erst einmal, genießen aber vorrangig unser Picknick.
Wenig später erreichen wir unser Etappenziel Kalispell, MT und quartieren uns im Hotel La Quinta ein, einem eher bescheidenen Domizil. Aber für eine Nacht geht es schon. Entschädigt werden wir aber reichlich durch ein herrliches Abendessen im Timbuckle Restaurant, in dem uns das mit Abstand beste Essen serviert wird, das wir auf dieser Tour auf den Tisch bekommen haben. Christine bestellt sich Hähnchenbrust mit Huckleberry-Kompott. Ich entscheide mich für einen gedünsteten Stör. Wundervoll.
11. Etappe: Indianerland in den Rocky Mountains
Kalispell, MT – Spokane, WA. 281 mi / 452 km
Nach stürmisch-regnerischer Nacht klart der neue Tag rechtzeitig auf und beschert uns eine morgenfrische Fahrt am Flathead Lake entlang zum Kerr Dam. Offiziell heißt dieses 1930 errichtete Bauwerk in der Flathead Sprache Seli’š Ksanka Qlispe’.
Auf Neben-Nebenstraßen geht es dann weiter am Flathead River entlang durch waldige Täler, bis wir auf den Highway Montana 200 stoßen. Wir merken schon bald, warum dieser Streckenabschnitt unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains den Ehrennamen Lonesome Highway 200 trägt: Als längste Landstraße in einem US-Bundesstaat verbindet er in Ost-West-Richtung die Ortschaften in dem ohnehin schon einsamen nördlichen Montana. Aber herrlich, herrlich zu fahren, zumal das Wetter jetzt richtig schön wird.
Endlich treffen wir auf eine Ortschaft, Paradise, Montana, 185 Einwohner, wo der Flathead River in den Clark Fork River mündet. Dort finden wir das ersehnte watering hole, eine kleine Poststation mit Kaffeeausschank, die von drei Damen betrieben wird. Auf der Porch lassen wir uns gemütlich nieder, haben viel Spaß miteinander und lachen viel. Sie erzählen von Bären, die in die Obstgärten eindringen und die Äpfel von den Bäumen klauen. Vor allem warnen sie aber vor den rabiaten Wildschafen in dieser Gegend. Eines davon sei neulich ihrem Schwager vom Berg herunter auf seinen Truck gesprungen und habe dort randaliert.
Jetzt wissen wir: Es gibt auch ein Hinterland vom Hinterland, und zwar ein sehr nettes. Mit herzlich-lauten Grüßen verabschieden wir uns wieder. Vielleicht sind wir die einzigen Ausländer, die es in diesem Jahr bis hierher geschafft haben.
Weiter geht es auf dem Hwy 200 am Clark Fork River entlang, einsam, die Straße scheint für uns reserviert. Schließlich übermannt uns der Hunger und wir finden am Straßenrand einen Parkplatz, auf dem schon ein mit Baumaterial beladener Sattelschlepper steht. Wir kommen mit dem sehr netten Trucker ins Gespräch und spielen mit seinem kleinen Hund, der ihm bei seinen langen Fahrten durch die Einsamkeit Gesellschaft leistet. Auch dies eine wirklich nette Begegnung.

Der kleine Begleiter eines Truckers leistet uns Gesellschaft bei einer Marschpause am Clark Fork River, Montana
Nach gefühlten zwei Stunden Fahrt erreichen in Idaho wir zusammen mit dem Clark Fork River den Lake Pend Oreille (Was so viel heißt wie Ohrring. Christine freut sich an diesem Namen der Kalispel-Indianer). Den See kenne ich schon von Segelpartien mit guten Bekannten her. Er gehört zu den fünf tiefsten Seen der USA und wird wegen seiner hydrologischen Eigenschaften von der US Navy zum Test von U-Boot-Prototypen genutzt.
Am Coeur d’Alene Nationalpark vorbei steuern wir nach Süden, treffen am gleichnamigen See auf die I-90, überqueren die Grenze zum Staat Washington und beschließen diese Tagesfahrt mit einer eher öden Schlußetappe, die uns nach Spokane, WA führt. Wir checken im historischen Davenport-Hotel ein und lassen diesen erlebnisreichen Tag mit einem Drink in der Peacock-Bar ausklingen.
12. Etappe: Von den Rocky Mountains in die Prärie
Spokane, WA – Walla Walla, WA. 183 mi / 295 km
Nach gut durchschlafener Nacht nehmen wir im Hotel ein gemütliches Frühstück ein und können uns dabei Zeit lassen, denn die vor uns liegende Tagesstrecke unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains wird weniger lang sein als die vorherigen. Wir schlagen uns südwärts auf die U. S. Route 195, den früheren Inland Empire Highway, der durch eine endlose, grüne Hügellandschaft führt. Langweilig, aber doch irgendwie beruhigend.
In einem Kaff namens Colfax verproviantieren wir uns für unser Mittagspicknick. Doch ist es auf der weiteren Strecke nicht möglich, dafür ein geeignetes Plätzchen zu finden. Immer nur Landstraße und kahle Weide nebendran. Die wenigen Ortschaften nicht der Rede wert. In Dayton schließlich reicht es uns und wir machen an einem hölzernen Pavillon im Stadtpark halt.
Er bietet uns Schatten und eine Bank, auf der wir unser Picknick ausbreiten können, aber auch in Riechweite ein King Size Dixie Klo: Die Tür geht auf, heraus kommt ein King Size Redneck, knöpft sich dabei die Hose zu, äugt zu uns herüber, grinst breit und ruft uns zu: „If I were you I wouldn’t go in there for a loooong time!“ Wie recht er doch hatte. Ein familieninterner running gag war geboren. – Noch eine weitere Erinnerung wird mich mit Dayton verbinden: Auf der Sitzbank hat jemand ein silbernes Kreuzchen und einen Segensspruch abgelegt, ich nehme es an mich und es begleitet mich seither auf allen meinen Fahrten.
Ohne weitere Höhepunkte führt uns die Strecke nach Walla Walla, „The town so nice they named it twice“. Walla Walla bedeutet in der Indianersprache „Place of many waters“. Vorher hieß die Ansiedlung mal nach den dortigen Indianern Fort Nez Percés. Ein Ort weit weit weg von allem, deshalb auch ideal geeignet als Titularbistum (seit 1971) und Standort für das Coyote Ridge Corrections Center. Um die 100 Weingüter gibt es in der Umgebung, meist Cabernet Sauvignon, dessen Ernte aber häufiger dem Frost zum Opfer fällt.
Beim Einchecken im Best Western Hotel nimmt ein Hotelbediensteter standesgemäß unsere Motorradkoffer mit einem Trolley in Empfang und bringt sie aufs Zimmer. Dann wie üblich Kaffee kochen, Duschen, Umziehen, Stadtrundgang. Tagesausklang mit regionalen Weinen (na ja) und einem Steak-Salat.
13. Etappe: Columbia River und Hochlandsteppe
Walla Walla, WA – Bend, OR. 295 mi / 475 km
Der landschaftliche Eindruck unterscheidet sich zunächst kaum von dem, den wir gestern erlebt haben: grüne Hügel, einsame Straße immer geradeaus, hin und wieder eine Ortschaft. Auffallend ist der verbreitete Anbau von Sweet Onions (Sorte „Walla Walla“), die einst ein französischer Soldat aus Korsika mitgebracht und hier erstmalig gepflanzt hat.
Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir eine Bergkuppe und überblicken den in einem weiten Tal den träge dahinfließenden Columbia River. Über lange Strecken bildet er die Grenze zwischen Washington und Oregon. Trotz seiner Größe – er ist der viertgrößte Fluß der USA – erscheint er uns doch wenig beeindruckend, eine dunkelgraue, leblose Brühe. Irgendwie erinnert er an den Unterlauf des stillen Don in Südrußland. Nur der direkte Uferstreifen ist grün, danach ist das Land knochentrocken und öde. Gut 200 km fahren wir bei grauem, windigen Wetter am Fluß entlang, dann machen wir technischen Halt in Biggs Junction, einem Truck Stop mit 22 Einwohnern.
Von Biggs Junction aus steigt die Straße beständig hinauf zum High Desert, einer Hochebene auf ca. 1.200 m. ü. M.. Das Wetter erbarmt sich unserer, umso mehr können wir den Blick über die wunderbar beruhigende Heidelandschaft und das grandiose Panorama der schneebedeckten Cascade Mountains genießen, die sich zu unserer Linken in Nord-Süd-Richtung hinziehen.
Ohne größere Anstrengung erreichen wir auf unser Motorradtour durch die Rocky Mountains das Etappenziel Bend, OR. Ein ganz hübsches Städtchen, wegen seiner Lage sehr beliebt bei wohlhabenden Pensionären, die sich hier in großer Zahl niedergelassen haben. Auf der ganzen Strecke haben wir uns schon auf das – in der Tat – vorzügliche Abendessen im Jackalope Grill gefreut. Christine gönnt sich ein Rack of lamb, ich mir ein massives Steak. Ein Tag ohne Trübungen und mit finalem Hochgenuß.
14. Etappe: Vulkansee und Getriebeschaden
Bend, OR – Redding, CA. 313 mi / 504 km
Bei frischem Morgenwetter rollen wir erst mal anderthalb Stunden durch endlose Wälder südwärts. Schön, aber nicht unbedingt aufregend. Vor Klamath Falls biegen wir dann rechts ab und fahren ein gutes Stündchen bergan bis auf knapp 2.000 m. Dort erleben eine wunderbare Überraschung – den Crater Lake.
Ruhig und unglaublich tiefblau liegt er majestätisch in seinem Vulkankrater. Ohne Zu- und Abflüsse, gespeist nur von Schmelz- und Regenwasser läßt er bis auf 44 m Tiefe blicken. Mit 594 m ist der Crater Lake der tiefste See der USA. Unerreichbar für den Betrachter thront in seiner Mitte Wizard Island. Soweit es geht, umrunden wir den See, immer vorbei an Schneeresten, die wohl noch länger hier liegenbleiben.
Ganz hingerissen von diesen einmalig schönen Bildern rollen wir den Krater des Mount Mazama wieder hinab auf die Hauptstraße und finden am Lake Ewauna in Klamath Falls ein nettes Picknickplätzchen.
Auf unserem weiteren Weg überfällt uns am Nachmittag eine mörderische Hitze. 43°, das haben wir vielleicht nicht einmal in der Wüste von Nevada erlebt. Christine macht besorgt darauf aufmerksam, daß das Getriebe unschöne singende und mahlende Geräusche von sich zu geben beginnt. Ich schalte die Gänge bei verschiedenen Geschwindigkeiten rauf und runter. Aber die Geräusche bleiben nicht nur, sie werden sogar noch stärker. Alles, was wir jetzt gerade nicht brauchen können, ist ein Kapitalschaden auf dem Highway bei dieser Hitze in the middle of nowhere und ohne Telefonnetz. Wahrscheinlich hat das Getriebe nunmehr doch seine Belastungsgrenze erreicht.
Das ganze Szenario eines kapitalen Getriebeschadens läuft vor meinem inneren Auge ab: Wahrscheinlich ist nur ein simples Kugellager auf der Getriebeeingangswelle hinüber. Das wiederum blockiert, dann läuft der Innenring auf der Welle heiß und es zerbröseln jede Menge Kugeln, Käfig und Dichtscheibe. Dann kriegt die Welle auf der einen Seite ein extrem erhöhtes Spiel, so daß sie nur durch Zahnräder und Schaltgabel halbwegs geführt wird. Dadurch wiederum läuft die Schaltgabel samt Schieberad glühend heiß. Sicher klemmen dann auch noch die gleichzeitig die Zähne der oberen Gänge nicht mehr sauber ineinander und entledigen sich ihrer Spitzen.
Brrr… Ich verfluche die Firma G….., die es in all den Jahren ihrer segensreichen Tätigkeit nicht geschafft hat, die Menschheit mit einem sauber schaltbaren Motorradgetriebe zu beglücken.
Da gibt es nur eine Lösung: Ganz langsam fahren und zusehen, daß wir es noch bis Redding in Kalifornien schaffen. Bei Ende Büchsenlicht erreichen wir mit großer Erleichterung das rettende Hotel. Im Restaurant knobeln wir verschiedene Lösungen für das weitere Vorgehen durch.
Schließlich entscheiden wir uns schweren Herzens dafür, die geplanten Etappen zum Lake Tahoe und zum Lassen National Park zu streichen und bei Sonnenaufgang, noch bevor wir möglicherweise einem Hitzschlag entgegendämmern, die letzte Etappe ganz vorsichtig nach Hause zu schleichen. Das noch größere Problem dürfte aber sein: Morgen ist 4th of July, Nationalfeiertag, da ist alles dicht. Wenn wir dann irgendwo stranden, können wir sehen, wo wir bleiben oder Hilfe herbekommen. Also: coraggio! Und tapfer nach Hause.
15. Etappe: Heimfahrt mit kaputtem Getriebe
Redding, CA – Tiburon, CA. 223 mi / 359 km
Vor Tag und Tau, aber mit bezahlter Hotelrechnung schleichen wir uns auf den Parkplatz und bepacken unsere malade Maschine. Ein gutes Gefühl ist etwas anderes. Prompt wird das Einkuppeln mit brutalem Krachen aus dem Getriebe quittiert. Aber das Anfahren klappt schon mal. Zwar läuft der Motor bei gezogener Kupplung noch einwandfrei, die Schaltung bleibt aber im vierten Gang stecken.
Also ventre à terre mit schlappen 30 mi/h auf die I-5 gen Süden, dem behaglichen Zuhause und unserer rettenden Werkstatt entgegen. Ich wage mir kaum auszumalen, welche Auswirkungen ein im Verkehr bei höherer Geschwindigkeit blockierendes Getriebe haben könnte. Aber daran darf man jetzt nicht denken. Ich hoffe nur, daß der malade Motor ohne Schäden an Kurbeltrieb und Zylinderköpfen davonkommt.
Gemütlich lassen wir Felder, Obstplantagen und Weingärten an uns vorbeiziehen. Blumen pflücken verboten.
Auf einen freiwilligen technischen Halt verzichten wir, um das Getriebe nicht noch weiter zu reizen. Wir zählen buchstäblich die verbleibenden Meilen und ergötzen uns an der schrumpfenden Distanz, die noch vor uns liegt. Schließlich wird einem auf der I-505 die Gegend wieder vertraut. Man malt sich schon aus, daß man notfalls auch per Anhalter nach Hause fahren könnte. Oder daß die California Highway Patrol einem weiterhilft, die gleichfalls BMW fährt.
Dann kommt ob des vertrauten Umfeldes kribbelnde Freude auf: Vaccaville … Fairfield … Vallejo, und schon geht es die Richmond-San Rafael Bridge hinauf. Jetzt nur nicht ausgerechnet hier in luftiger Höhe stehenbleiben. Schon grüßt am anderen Ufer linker Hand das Zuchthaus von San Quentin. „San Quentin may you rot and burn in hell“ (Johnny Cash) – das möchte ich jetzt auch von meinem Getriebe sagen. Erleichtert nehmen wir die Linkskurve auf die 101 und schon 10 Minuten später ziehen wir mit letzter Kraft den Berg hoch zu unserem Haus. Hurra! Es ist geschafft! 3.701 Meilen = 5.956 km ohne Unfall und schlußendlich sogar noch mit kaputter Maschine heil nach Hause. Glücklich von dieser wunderbaren Tour, die vielleicht auch die Tour unseres Lebens war, schließen wir die Haustür auf und lassen uns erst einmal glücklich und entspannt in die Sessel sinken.
Das Ende unserer Motorradtour durch die Rocky Mountains
Tiburon, CA
Um 8 Uhr früh greife ich gleich zum Telefon, rufe meine BMW-Werkstatt an. „OK, we‘ll send a tow truck“. Der steht dann auch eine Stunde später vor unserer Garage. Unsere Gute wird aufgeladen, verzurrt und in die Werkstatt auf den OP-Tisch gebracht. Am Nachmittag kommt dann der erlösende Anruf meines Werkstattleiters: „You’re lucky, man!“ Das Getriebe ist genau zwei Tage vor Ablauf der Garantie kaputtgegangen. Geplante Obsoleszenz nennt man das, diesmal aber ausnahmsweise zu unseren Gunsten. Das Getriebe wird kostenlos getauscht, dazu gibt es noch eine technische Durchsicht. Dann aber: Auf zu neuen Ufern!
Aktualisiert am 21/11/2021 von Christian