Motorradtour planen mit Landkarte: Wie geht das? Was brauche ich dazu? Mit welchen Mitteln und Verfahren optimiere ich meine Streckenplanung?
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Motorradtour planen mit Landkarte
Im digitalen Zeitalter erleichtern PC und Navi die Tourenplanung immens. Aber die gute alte Landkarte hat aber noch lange nicht ausgedient. Allerdings sind viele den Umgang mit ihr nicht mehr gewöhnt. Wie plane ich also meine Motorradtour mit der Landkarte?
Orientierung und Navigation
Wir kennen das: Viele Länder haben zwar Interessantes zu bieten. Ihre Sehenswürdigkeiten verbergen sich aber abseits der ausgetretenen Touristenpfade.
Sorgfältige Tourvorbereitung ist deshalb gefragt, um nichts zu verpassen. Das Navi alleine – so hilfreich es beim Fahren ist – kann dabei keinen vollwertigen Ersatz bieten. Auch wenn das Internet gutes, interessantes Informationsmaterial in Hülle und Fülle bereithält – ohne die gute alte Landkarte geht im Grunde doch nichts. Wie hilft sie uns bei der Tourvorbereitung weiter?
Das Kartenbild als Ideengeber
Auch im Zeitalter der satellitengestützten Navigationssysteme beginnt die Vorbereitung einer Tour zweckmäßigerweise mit intensivem Kartenstudium. Dazu braucht man natürlich eine gute Landkarte.
Wenn sie ausgebreitet auf dem heimischen Tisch liegt, ist sie etliches größer als der Computerbildschirm. Dann wird sofort klar, daß sich die verschiedenen Streckenvarianten auf einem Quadratmeter viel besser vergleichen lassen als auf der 15,6″ Diagonale des Laptops. Von den interessanten Details ganz zu schweigen.
Beim Planen einer Motorradtour mit Landkarte vertiefe ich mich erst einmal ein halbes Stündchen in das Kartenbild. Weniger, um eine bestimmte Strecke aussuchen zu wollen. Sondern einfach nur so, um zu sehen, was es auf der Karte alles gibt. Genau wie man früher als Kind den Adventskalender „entdeckt“ oder ein Wimmelbild durchsucht hat.
Dabei hat es einen eigenen Reiz, die Gegend, die man durchfahren möchte, im geographischen Zusammenhang aus der Vogelperspektive zu überblicken. Jetzt erstehen Landschaft und Strecke vor dem inneren Auge zu einem Bild, das sich irgendwie in den Reise-Tagtraum einbrennt.
Welche Karte soll ich nehmen?
Wer die Wahl hat, hat die Qual, denn das Angebot an Karten ist schier unübersehbar. In (fast) jedem Maßstab ist für jeden etwas dabei: für Auto- und Motorradfahrer, Radler und Wanderer und sogar für Flieger; touristische und thematische Karten, Meßtischblätter. Aber wie die richtige Auswahl treffen?
Der Zweck bestimmt den Maßstab
Grundsatz: Keep it simple.
Nach meiner Erfahrung reichen für die Tourenplanung und die Fahrt selbst Karten mit zwei Maßstäben völlig aus:
1 : 300.000
zur Grobplanung und für Mehrtagestouren
und eine größere im Maßstab
1 : 150.000
für die operative Planung und die Fahrt.
Kleinmaßstäbliche Karten
(verstanden als Wert des Bruches 1 /XXX.000) eröffnen einen weiträumigen Überblick über die geplante Streckenführung und grundsätzliche Streckenvarianten. 1 cm auf der Landkarte entsprechen dabei XXX.000 cm in der Natur.
Großmaßstäbliche Karten
haben den Vorteil, daß sie automatisch wichtige Informationen verzeichnen, die uns als Motorradtouristen besonders interessieren:
Versteckte Sträßchen
mit eigenem landschaftlichen Reiz, die die die Streckenführung meist fahrerisch interessanter und variantenreicher machen.
Im Alter sieht man aus wie eine detaillierte Landkarte von Frankreich: mit lauter kleinen Sträßchen.
— Brigitte Bardot (* 1934)
Points of Interest
Sie verzeichnen z. B. Denkmäler, Schlösser, Kirchen, Mühlen, Badestellen, Kanäle, Schleusen, die sich gut als Zwischenziele eignen.
Orientierung
Sie zeigen Orientierungspunkte bei der Navigation, z. B. Straßenknicks, Abzweigungen, touristische Ziele.
Wer z. B. die Gelbe Serie von Michelin benutzt oder die Falk-Regionalkarten in diesem Maßstab, wird wissen, was ich meine. Wo nichts anderes zu haben ist, stellt die 1 : 200.000er einen guten Kompromiß zwischen 1 : 300.000 und 1 : 150.000 dar.
Welche praktischen Vorteile hat die 150.000er?
Planungshilfe
Zunächst liegt sie als unentbehrlicher Planungsbegleiter neben dem Computer, wenn ich eine Strecke erarbeiten und in das Navigationsgerät einspeichern will.
Aktionsradius
Sie erfaßt in aller Regel den Radius einer Tagestour mit einer Streckenlänge von um die 300 km. Damit hat man eine, maximal aber zwei Karten in der Kartentasche des Tankrucksacks.
Lesbarkeit
Sie ist kleinteilig genug und zeigt – auch beim Fahren – gut ablesbar das Meiste von dem, was uns an der Strecke interessiert: kleinere Straßen, Sehenswürdigkeiten, Denkmale und andere touristisch interessante Ziele.
Handhabbarkeit
Sie läßt sich im Kartenfach des Tankrucksacks so unterbringen, daß immer ein genügend langer Streckenabschnitt obenauf liegt, den man bis zum nächsten Zwischenstop fahren möchte. Dann kann man bequem für die nächste Etappe umblättern. Wenn ich die jeweilige Gegend durchfahren habe und die Landkarte nicht mehr brauche, stecke ich sie einfach in einen Umschlag und schicke sie mir per Post nach Hause.
Vorsicht vor gefälschten Karten
Ex-Warschauer Pakt
Im Volkspolen der 80er Jahre und in jüngerer Zeit auch in Rußland ist es mir immer wieder passiert, daß mich die benutzten Karten ins Nirgendwo geführt haben. Eingezeichnete Straßen waren nicht auffindbar. Die Maßstäbe waren verzerrt. Ganze Straßennetze oder Gebäudekomplexe nicht eingezeichnet.
Der Grund dafür ist historisch leicht erklärbar: In Russland hat die strikte Kontrolle der Kartenherstellung eine lange Tradition. Der notorisch mißtrauische Josef Stalin ordnete die Fälschung aller öffentlich zugänglichen Atlanten an. Damit fehlten auf Stadtplänen Moskaus und anderen Karten jegliche Maßstabsangaben, so daß Entfernungen geschätzt werden mussten. Selbst viele Straßen und gut bekannte Gebäude im Zentrum waren auf den Karten nicht verzeichnet.
Seit den 1930er Jahren lag die Kontrolle der kartographischen Produktion in den bewährten Händen von Berijas Geheimpolizei. Alles was genauer war als 1 : 1.000.000 war ausschließlich für den Dienstgebrauch bestimmt. Andererseits: Wer war in der damaligen Sowjetunion schon als privater Autotourist unterwegs? Daß auch in der DDR und anderen Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes Landkarten systematisch verzerrt wurden, verwundert wohl kaum. Vor allem im DDR-Grenzgebiet wurden Straßen und Siedlungen aus den Plänen getilgt.
Balkans and Beyond
Vorsichtig sein sollte man – selbst im Zeitalter von Satelliten-Aufklärung und Google Earth – auch in Griechenland und Umgebung. Grenznahe Regionen in Mazedonien, Albanien, der Türkei oder Georgien werden auf Landkarten oft als „unerschlossenes Gebiet“ ausgewiesen. Bestenfalls sind große Durchfahrtswege dargestellt.
USA
Auch dort verstecken sich nach wie vor wichtige militärische Einrichtungen auf öffentlichen Landkarten hinter falschen Bezeichnungen. Aus „Gründen der nationalen Sicherheit“. Das kann uns eigentlich egal sein. Aber die Darstellung des Straßennetzes ist zumeist korrekt.
Letztlich sind die Bestrebungen vieler Staaten, die Satellitenbilder in Google Earth zu kontrollieren, sind bislang meist vergebens. Wie anders kommt es, daß immer wieder auch hochauflösende Bilder militärischer Anlagen im Internet zu sehen sind. Die vermeintlichen Gründe für eine solche Geheimhaltung können uns Motorrad-Touristen ja eigentlich egal sein. Ärgerlich ist aber, daß gefälschte Landkarten uns bei der Orientierung in einsameren Gegenden und auf der Suche nach Sehenswürdigkeiten beeinträchtigen.
Wie mache ich meine Karten haltbar?
Landkarten sind Verbrauchsmaterial
Wer viel fährt, weiß: Früher oder später sieht die Karte völlig ramponiert aus, verknittert, in den Knickfalten verschlissen, mit Markierungen vollgeschmiert. Deshalb sollte man bei der Benutzung nicht unnötig sparen wollen. Landkarten sind Verbrauchsmaterial. Also gibt es jedes Jahr eine neue. Neue Karte, neues Tourenglück.
Die Karte wetterfest machen
Damit sie aber im Regenguß bei der Orientierung im Gelände nicht gleich zu Pappmaché wird, mache ich mir die Karte wetterfest. Dazu gibt es zwei gute Möglichkeiten:
Laminieren
Man kann sie abschnittsweise mit transparenter Selbstklebefolie laminieren. Das ist aber umständlich. Zudem wird dann die zusammengefaltete Karte recht dick und macht sie dadurch für den Fahrtgebrauch unhandlich.
Imprägnieren
Ich bestreiche sie deshalb lieber mit einem Imprägnierungsmittel. Da kann dann der Wettergott walten, wie er will. Atlantikküste, 10 Grad, Regen – die Karte hält.
Fazit
Auch wenn das Navi zu einem unentbehrlichen Wegbegleiter auf der Tour geworden ist – für eine detaillierte Tourenplanung bleibt eine gute Landkarte immer noch die erste Wahl.
Aktualisiert am 12/10/2021 von Christian