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Motorradfahren im Herbst │ 14 Tipps

Motorradfahren im Herbst erfordert eine besondere Einstellung und besondere Vorbereitung. Was mußt du bedenken?

Geschätzte Lesedauer: 6 Minuten

Motorradfahren, wenn andere zu Hause bleiben

Wenn der goldene Oktober nicht recht erglänzen will, läßt der Ausklang der Motorradsaison leicht fade Gefühle aufkommen: Die Tourentage werden kürzer, die Regenschauer häufiger und die Winde frischer. Die Sonnenschirme in den Biergärten am Streckenrand bleiben zugeklappt. Tourenpausen auf freier Strecke werden zunehmend ungemütlich, sobald der frische Herbstwind das unbehelmte Haupt umweht. Schlimmer jedoch: Schmierig-feuchtes Laub auf Kurvenstrecken kann dem Fahrvergnügen leicht ein jähes Ende setzen.

Auch wenn die Ausrüster mit ihren Saisonschlußangeboten den Eindruck erwecken, ihre werte Kundschaft habe nunmehr den Zündschlüssel mit dem Schraubenschlüssel vertauscht und erlebe das Motorradvergnügen für die nächsten Monate aus der Garagenperspektive: Das Verlangen nach Freiheit und Bewegung bleibt. The show must go on.

Was auch bleibt, ist die Suche nach Motivation. Fahren, selbst wenn’s draußen mal mies ist. Einfach das Fahrvergnügen aus der momentanen Befindlichkeit herausholen. Wie bei der Mazeration, die mir einmal ein Schnapsbrenner erklärt hat – das Aroma wird auf natürliche Weise aus dem Grundstoff herausgezogen. Das Aroma der Straße.

Motorradfahren im Herbst. Warum tue ich mir das an?

1. Jetzt zeigt sich die Landschaft von ihrer buntesten Seite

Beschauliche Stille und leuchtende Farben – das erwartet uns auf einer herbstlichen Motorradtour. Städtischer Trubel und Alltagseinerlei bleiben weit hinter uns, sobald der Motor einmal warmgefahren ist. Jetzt regiert draußen das milde Herbstlicht, mit dem Fotografen ihre Motive wunderbar in Szene setzen können. Auch wenn die Natur sich einmal von ihrer raueren Seite zeigt – eine Herbsttour ist ein erfrischendes Erlebnis, das uns mit viel innerer Zufriedenheit wieder in die heimische Garage zurückführt.

2. Die Herbstzeit ist verkehrsarm

Je weiter die Ferienzeit zurückliegt und je mehr Wind und Wetter das Regiment führen, desto eher sind nur diejenigen unterwegs, die raus wollen oder müssen – wir als unerschütterliche Motorradfahrer und all jene, die ihr Beruf auf die Straße treibt. Wenn die bunte Alleenstraße vor uns bis zum Horizont frei ist und sich im Rückspiegel nur ein makellos reines Asphaltband erstreckt, dann wissen wir: die Straße gehört uns.

3. Die Gnade der Nebensaison

Wer infolge der Sommer-Urlaubsplanung in der Firma Stallwache halten oder den Anderen mit Familie Vortritt lassen mußte, kommt jetzt im besten Sinne auf seine Kosten: Selbst in beliebten Urlaubsgegenden findest du im Lokal noch einen freien Tisch und mußt nicht lange auf das Essen warten. Ganz zu schweigen von den Übernachtungstarifen, die bis zum Beginn der Wintersportsaison viel kontofreundlicher ausfallen. Gespartes Geld, das sich gut in eine Tankfüllung umsetzen läßt.

4. Herbstfahren hält fit

Daran denken wohl die wenigsten: Die ganze Saison über hast du über viele Kilometer Fahrpraxis gesammelt und dadurch Sicherheit gewonnen. Und jetzt im Herbst hängst du die Motorradschlüssel einfach ans Schlüsselbrett und der ganze Benefit soll schon dahin sein? Das kann ja wohl nicht angehen. Denn je länger du fährst, desto länger bleibst du im Training und desto kürzer wird deine herbst-/winterliche Auszeit. Der Wiedereinstieg in der ersten Frühlingssonne wird dir dann sicher leichter fallen.

Was mußt du beim Motorradfahren im Herbst beachten?

Wenig verwunderlich, daß herbstliche Motorradtouren wesentlich umfangreichere Vorbereitungen verlangen als eine abendliche Hausrunde im Sommer. Aber wir wissen ja: auch die Vorbereitung einer Tour und das Daran-Herumdenken macht Spaß.

Vor allem verschafft sie wichtige Routine und bereichert letztlich unsere Erfahrungen. Woran mußt du denken? Worauf mußt du beim Motorradfahren im Herbst besonders aufpassen?

1. Plane deine Tour jahreszeitgemäß

Plane deine herbstliche Motorradtour so, daß du rechtzeitig wieder zu Hause bist. Im Herbst werden die Tage rasch kürzer. Die Sonne kommt später raus, die Straßen werden später trocken, und am Nachmittag fängt es schon langsam wieder an zu dämmern. Dadurch wird der Tourentag wesentlich kürzer als im Sommer. Und damit auch die Tourenstrecke, die du unter die Räder nehmen kannst. Nimm deshalb aus deiner Lieblingstour, die du fahren möchtest, ein paar Extraziele heraus und beschränke dich auf den attraktivsten Teil der Strecke. Und denke dran: tendenziell wirst du auch bei der Durchschnittsgeschwindigkeit Zugeständnisse machen müssen, zumal die Sichtverhältnisse gegen Abend zu ungünstig werden können.

2. Prüfe die Wetterentwicklung

Wenn du Glück hast und es beruflich einrichten kannst, läßt sich aus der Wettervorsage der nächsten 10 Tage der voraussichtlich beste Tag für deine Herbsttour herauspicken. Aber auch in diesem Fall empfiehlt es sich, die aktuelle Wetterentwicklung kontinuierlich zu prüfen. So manches Tief zieht im Herbst wesentlich schneller heran als im Sommer. Stichwort: Wetterradar. Bei einer Fehlplanung wäre es schade um einen vergeudeten Urlaubstag.

3. Zieh dich warm und winddicht an

Frösteln auf einer herbstlichen Motorradtour ist eklig, verdirbt den Spaß und geht auf Kosten von Konzentration und Sicherheit. Wer ein Naked Bike fährt, ohne den üppigen Wetterschutz, den ein ausgewachsener Tourer bietet, weiß vielleicht ein Lied davon zu singen.

Deshalb gibt es ab Herbst das volle Programm an warmer Winterbekleidung, von unten bis oben: warme Stiefel, Strümpfe und Unterwäsche, Pullover, Winterkombi mit Futter, Winterhandschuhe, Halswärmer und Sturmhaube. Stichwort: Zwiebelschalenprinzip. Wohl dem, der den Knopf für die Griffheizung in Daumenreichweite hat.

Wer sich einmal den Allerwertesten bei einer Herbst- oder Wintertour abgefroren hat, wird umso lieber von den Winterbekleidungs-Sonderangeboten Gebrauch machen, die immer zum Ende der trüben Zeit kommen. Für die kommende Herbstsaison, versteht sich.

4. Zieh dich wasserdicht an

Für England- und Nordlandfahrer ist es eine Selbstverständlichkeit, aber hierzulande nimmt man sie manchmal doch auf die leichte Schulter: die regendichte Bekleidung. Mancher optimistische Blick auf die Wetterprognose hat schon eine schöne Tour wegschwimmen lassen. Deshalb drei Ratschläge:

  • Wenn du nach der vorigen Wintersaison deine Textilkombi wäschst, gönne ihr auch eine anständige Imprägnierung. Dann bist du bei Schlechtwetterfahrten schon mal auf der sicheren Seite. Wer mit seiner Lederkombi eine Schlechtwetterfahrt antreten will, kommt um eine Intensivpflege nicht herum.
  • Für eine Motorrad-Herbsttour trotz übler Wetterprognose ist eine Regenkombi erste Wahl. Ob Ein- oder Zweiteiler, ist Geschmackssache. Ich habe noch nie bereut, ein solches Teil zumindest als Reserve eingepackt zu haben.
  • Was aber hilft eine wasserdichte Kombi, wenn Deine Stiefel und deine Handschuhe schon nach einigen Kilometern hilflose Opfer einer Regenfahrt werden? Wer schon im Sommer Vorsorge trifft, hat im rauen Herbst und Winter gut lachen.

5. Sind deine Reifen noch gut?

motorradfahren im herbst: rechtzeitiger reifenwechsel

Der rechtzeitige Reifenwechsel in der Herbstzeit ist wichtig.

 Die Reifenentwicklung hat über die letzten Jahrzehnte massive Fortschritte gemacht. Grip, Einlenkverhalten und Abrollkomfort haben Standards erreicht, die früher undenkbar gewesen wären. Das schafft beruhigende Sicherheitsreserven. Dennoch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Was nützt der beste Grip, wenn das Profil schon weit runter ist? Denke dran: Bei kühlen Temperaturen und rutschigen Straßen ist optimaler Grip weitaus wichtiger als auf einer gemächlichen Schönwettertour. Deshalb: Profil und Reifendruck müssen stimmen.

6. Dein Hauptfeind: rutschiges Laub

Vom Pfälzer Wald bis zum Erzgebirge, vom Bayerischen Wald bis zum Harz – unsere attraktivsten Motorradreviere liegen in den Mittelgebirgen. Und was gibt es dort? Jede Menge Wald. Und was gibt es im Herbstwald? Jede Menge rutschiges Laub auf herrlichen Kurvenstrecken, besonders nach Regenfällen oder einer nebligen Nacht.

Also gut aufpassen, nicht nur vor (!) der Schräglage! Auch auf Geradeausstrecken kann Laub heimliche Schlaglöcher und andere Straßenschäden verdecken, die dem Motorradfahrer gefährlich werden können. Dort, wo sich das Laub anhäuft, ist es aller Erfahrung nach besonders gefährlich. Zudem machen es die wechselnden Licht- und Sichtverhältnisse auf Waldstrecken schwer, solche Gefahrstellen rechtzeitig zu erkennen. Also Vorsicht!

7. Achte auf landwirtschaftliche Fahrzeuge

Traktoren und schwere Erntemaschinen hinterlassen nach Rückkehr vom Feldeinsatz meist üblen Dreck auf der Fahrbahn. Das gefällt uns zwar nicht, ist aber kaum zu verhindern. Die Bauern machen auch nur ihren Job, und viele von den Jüngeren fahren selbst Motorrad.

Mein Rat deshalb: Beim Fahren immer mal den Horizont abchecken, ab links oder rechts auf dem Feld ein Ernteeinsatz läuft. Das läßt ahnen, daß später viel Dreck auf der Straße liegen könnte. Kleiner Trost: Nach der Mais- und Zuckerrübenernte (September bis November) ist das Schlimmste vorbei. Doch dann läßt die Witterung echte Tourenfreuden leider nur selten aufkommen.

8. Mißtraue kaltem Straßenbelag

Gute Reifen hin oder her – kalter Straßenbelag kann dich eiskalt erwischen. Besonders am Morgen, bevor die Sonne aktiv geworden ist. Ganz zu schweigen von den klassischen Gefahrstellen wie Brücken, Straßen auf Höhenrücken, Bahnübergängen oder schattigen Strecken, wo die Sonne noch nicht die Kälte der vergangenen Nacht weggeleckt hat.

motorradfahren im herbst: motorrad auf feldstrasse

Gleiches gilt für sehr verkehrsarme Strecken, wo am Morgen die Straßen noch nicht freigefahren sind. Reif und Eis bleiben dort länger liegen. Fahre deshalb mit angepaßter Geschwindigkeit! Fahre sicherheitsbewußt, laß die Maschine auch mal genüßlich dahinrollen. Erfreue dich an schönen Ausblicken und der herrlichen Herbstlandschaft.

9. Mißtraue kalten Reifen

Unter herbstlichen/winterlichen Bedingungen brauchen deine Reifen länger, um auf optimale Fahrtemperatur zu kommen und dadurch den Grip zu aufzubauen, den die Reifeningenieure in sie hineinkonstruiert haben. Für die ersten Kilometer gilt daher das gleiche wie für neu aufgezogene Reifen und Regenfahrten: ganz sanft fahren, keine extremen Beschleunigungs- oder Bremsmanöver, große Kurvenradien. Komme erst mal selbst auf Betriebstemperatur. Wenn es soweit ist, dann sind auch die Reifen fit für den Einsatz.

10. Rechne stets mit Wildwechsel

Deutschland ist das wald- und wildreichste Land Mitteleuropas. Und mittendrin liegen unsere Motorradreviere. Deshalb stehen die Warnschilder für Wildwechsel nicht umsonst da. Besonders im Herbst und Winter, in der Jagd- und Brunftzeit von Hochwild, ist besondere Vorsicht angesagt. Wie gefährlich Wildwechsel ist und wie sich besonders der Motorradfahrer darauf einstellen muß, habe ich hier ausführlich beschrieben.

11. Rechne mit schlechten Sichtverhältnissen

Bild vom Pont de Normandie über die Seine-Mündung bei Le Havre im Nebel

Von anderen Verkehrsteilnehmern nicht nur gesehen, sondern auch wahrgenommen zu werden ist in der dunklen Jahreszeit noch wichtiger als im Sommer. Nicht nur wird es früher am Tag dunkel. Du mußt auch damit rechnen, im Laufe des Tages bei Nebel oder in Regengischt zu fahren. Dann kann es gerade auf verkehrsreichen Straßen kritisch werden.

Stelle dich deshalb mit deiner Bekleidung auf diese widrigen Bedingungen ein. Sofern deine Kombi nicht ohnehin eine auffällige Farbe hat, zieh dir am besten eine Warnweste über. Mein Favorit ist eine knallgelbe (fahrtwindfest verschließbare) Warnweste für Straßenbauarbeiter. Auffällig und mit ihren aufgesetzten Taschen auch sehr praktisch.

12. Rechne mit tiefstehender Sonne

heisse sonne beim motorradfahren

Im Herbst/Winter steht die Sonne sehr tief und kann uns – abhängig von unserer Fahrtrichtung – stark blenden. Hinzu kommt, daß bei Seitenlicht die Sonne durch die entlaubten Bäume strahlt und so eine stroboskopartige Wirkung erzeugt, die beim Fahren außerordentlich irritierend wirkt. Wichtig sind deshalb ein sauberes Visier und ein richtiger Sonnenschutz.

13. Rechne mit starkem Wind

motorradfahren-bei-wind

Der windige Herbst war die Jahreszeit, in der wir als Kinder unsere Drachen steigen ließen. Was damals lustig war, kann für uns als erwachsene Motorradfahrer aber sehr unangenehm werden. Motorradfahren bei starkem Wind erfordert spezielle Wahrnehmungsstrategien und Fahrtechniken. Um nicht von garstigen Böen überrascht zu werden, halte Ausschau: Wie biegen sich die Bäume am Straßenrand? Drehen sich die Windräder? Wie schnell drehen sie sich? Nur eines oder alle im Windpark?

14. Halte Sicherheitsabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern

Auch wenn du auf deinem Motorrad der Verletzlichere bist: Alle anderen fahren unter den gleichen Straßen- und Witterungsverhältnissen wie du. Kalkuliere zu deiner Sicherheit ein, daß deine Bremsen giftiger und deine Reaktion knackiger ist als die der anderen Verkehrsteilnehmer. Was für dich wiederum bedeutet: Du brauchst ein Sicherheitspolster um dich herum. Fahre deshalb verhaltener, schaue weit voraus und halte Sicherheitsabstand zum Vordermann.

Fazit

Auch wenn Motorradfahren im Herbst und Winter nicht immer die ungetrübte Freude sein mag: Spaß macht es trotzdem. Insbesondere, wenn du dich selbst, deine Ausrüstung und deine Maschine darauf einstellst. Was zu meiner Checkliste noch hinzuzufügen ist, muß von dir kommen: die Motivation zu wecken und den inneren Schweinehund zu überwinden, auch einmal auf eine dunkle Wolkenfront zuzufahren.

 

Aktualisiert am 21/10/2021 von Christian

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