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Motorrad-Kurzurlaub in Ostdeutschland

Ein Motorrad-Kurzurlaub in Ostdeutschland überrascht mit einer Fülle interessanter Strecken und Sehenswürdigkeiten. 10 Tipps für Entdecker.

Nach Corona: Was kann ich bei einem Motorrad-Kurzurlaub in Ostdeutschland Überraschendes erleben?

Motorradurlaub 2020 bedeutet für viele von uns: sparsam mit dem (Zeit-)Budget umgehen und schauen, welche attraktiven Strecken und Ziele es in der Region gibt. Also eher ein Motorrad-Kurzurlaub unter der Woche, ein verlängertes Wochenende oder ein geschickt eingelegter Brückentag. Je nachdem, wie man sich frei nehmen kann.

Die gleiche Idee haben natürlich viele andere auch. Da könnte es eng werden in den beliebten Motorradregionen der Mittelgebirge. Besonders, was die Übernachtungsmöglichkeiten anbetrifft.

Deshalb zieht es mich in Regionen, in denen zwar weniger los ist, wo ich aber gerade deswegen mit vollen Genuß fahren, schauen und entdecken kann. Dann gönne ich mir ganz spontan einen Kurzurlaub mit dem Motorrad – drei Tage fahren mit zwei Übernachtungen in reizvollem ländlichen Ambiente. Ein Roadtrip um die 600 km. Dabei bleibt mir genug Zeit für beides: für das Streckenerlebnis und das Herumstreunen zwischendurch.

Zielgebiet meiner Wahl ist die Nord-Süd-Achse östlich von Berlin. Verkehrsarm, reizvoll und bezahlbar. Weil es für den Ortsfremden nicht immer einfach ist, dieser Region ein Maximum an Urlaubsspaß abzuringen, mache ich euch den folgenden Vorschlag für einen Motorrad-Kurzurlaub in Ostdeutschland.

Streckenführung

Berlin – Krügersdorfer Eichen – Schloß Ragow – Kloster Altfriedland – Schiffshebewerk Niederfinow – Kloster Chorin – Grumsiner Buchenwald – Schliemann-Haus Ankershagen – ehem. Erprobungsstelle Rechlin – Maulbeerallee Zernikow – Berliner Ring. 565 km

10 Ziele für einen Roadtrip in Ostdeutschland

Eine bunte Mischung aus Natur, Technik und Geschichte, aufgereiht wie an einer Perlenkette. Es gibt viel zu sehen, aber man muß nicht unbedingt alles machen. Vor allem warten hier reizvolle Strecken mit lohnenden Zielen – ohne das Risiko der Überfüllung.

Ziel # 1: Krügersdorfer Eichen

motorrad-kurzurlaub in ostdeutschland an den kruegersdorfer eichen

Im Schatten der Krügersdorfer Eichen

Markanter Startpunkt ist der skandalumwitterte Flughafen BER. Die Anfahrtstrecke bietet genug Zeit zum Warmfahren, denn die „Autobahn der Freiheit“ östlich des Berliner Rings gibt dem Aggregat hinreichend Gelegenheit zu zeigen, was ihm seine Entwickler ins Lastenheft geschrieben haben.

Daß damit ab der AB-Ausfahrt Storkow schon wieder Schluß sein soll, ist kein Manko. Denn auf der verführerisch geraden und übersichtlichen Strecke sind wir in einer knappen Dreiviertelstunde an unserem ersten Zielpunkt, den Krügersdorfer Eichen.

Unübersehbar thronen sie am Ortseingang von Krügersdorf, knorrige Monstren; an die 600 Jahre alt. 10,45 m Taillenumfang mißt die stattlichste von ihnen. Das sichert ihr die Platzziffer 7 in Deutschland. Als sie noch ein Bäumchen war, hatten die Chinesen gerade mit dem Bau der Großen Mauer begonnen.

Ziel # 2: Schlosspark Ragow

motorrad-kurzurlaub in ostdeutschland am verfallenen schloss von ragow

Was überwiegt hier: Verfall oder Idyll – Schloß Ragow

9 km weiter versteckt sich in einem stattlichen Park hinter wuchernden Büschen das Schloß Ragow. Verlassen, verfallen, vergessen. Kriegsfolge. Bei einem Streifzug durch die Büsche und Gemäuer überkommt mich das Gefühl, hier irgendwo müsse Schneewittchen in ihrem Glassarg ruhen. Das weltentrückte Ambiente lädt mich zu einer kurzen Pause auf einer Picknickbank ein, die die fürsorgliche Gemeinde für die spärlich eintreffenden Besucher unter einer massigen Eiche aufgestellt hat.

Ziel # 3: Kloster Altfriedland

motorrad-kurzurlaub in ostdeutschland am klostersee in bei altfriedland

Idyll am Klostersee bei Altfriedland

Danach folgen 65 einsamste Kilometer durch den Landkreis Oder-Spree, links die (überaus befahrenswerte) Buckower Schweiz, rechts das Oderbruch. Hinter Neuhardenberg biege ich auf eine Landenge zwischen Kloster- und Kietzer See ein. Dort liegt das 1546 aufgehobene und später in Teilen abgebrochene ehemalige Zisterzienserinnenkloster Altfriedland.

Das charmanteste an dieser Anlage ist der Klosterpark zum See hin mit weitem Blick über Wasser, Wälder und Schilf. Wer im Sommer hierher kommt, sollte auf keinen Fall sein Badezeug vergessen. Ein erfrischendes Bad wirkt Wunder für die Weiterfahrt.

Ziel # 4: Schiffshebewerk Niederfinow

motorrad-kurzurlaub in ostdeutschland am schiffshebewerk niederfinow

Das Schiffshebewerk Niederfinow wuchtet ein beladenes Lastschiff auf 36 m Höhe

Eine halbe Stunde entfernt liegt ein attraktives Standardziel aller, die in dieser Gegend mit dem Motorrad unterwegs sind: das Schiffshebewerk Niederfinow. Gegen Ende der Weimarer Republik als Portal zum Wasserweg Elbe – Oder errichtet, tut das Vorzeigestück deutscher Bauingenieurskunst immer noch treu und brav seinen Dienst – bis es in den kommenden Jahren von seinem fast fertig gestellten und deutlich größeren Nachfolger abgelöst wird.

Bis dahin lohnt es sich immer, etwas Zeit mitzubringen und zuzusehen, wie die leise sirrenden Elektromotoren 4.300 t Gewicht von Schiff, Wasser und Trog in 36 m Höhe entschweben lassen. Dann öffnet sich das Schleusentor und die Fahrt geht weiter auf dem Oder-Havel-Kanal gen Berlin.

Ziel # 5: Kloster Chorin

kloster chorin in brandenburg

Chorin, eines der ehemals bedeutsamsten Klöster in Ostdeutschland

Jenseits des Kanals tut sich das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin auf mit ausgedehnten Wäldern und einer reichen Tier- und Pflanzenwelt. Hier lege ich einen Zwischenstopp ein an der ehemaligen Zisterzienserabtei Chorin. Eindrucksvolle Architektur in zurückgezogener Stille und ertragreiche Landwirtschaft ringsum, wie es typisch für diesen Orden war. In den Sommermonaten gibt es hier ein reiches Kulturprogramm. Wer genug Zeit mitbringt, sollte sich ein open-air-Konzert im Klosterhof keinesfalls entgehen lassen.

Ziel # 6: Grumsiner Buchenwald

grumsiner forst im biospaerenreservat schorfheide-chorin

Ein Sinnbild des deutschen Waldidylls: der Grumsiner Forst im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin

Damit ist der Weg frei für eine Etappe durch die Uckermark, eine der am dünnsten besiedelten Regionen Deutschlands. Und gleichzeitig eine der reizvollsten, auch für den Motorradfahrer. In der Kernzone des Biosphärenreservats liegt der Grumsiner Buchenwald, artenreich an Pflanzen und Tieren, UNESCO-Weltnaturerbe. In Altkünkendorf neben der Kirche lädt ein Informationszentrum zum Besuch ein, in dem man viel über die Besonderheiten dieses Naturschatzes erfahren kann.

Allen, die wahrscheinlich nicht wieder so schnell in diese Ecke kommen, empfehle ich eine kleine Wanderung durch den Buchenwald: Die Maschine an der Landstraße abstellen, ein Stündchen in den Wald hineinlaufen bis an einen der kleinen Seen, die Stille der Natur auf sich wirken lassen, und dann wieder zurück. So viel Aufmerksamkeit hat diese herrliche Natur verdient!

TIPP:
Wenn ich vorhabe, auf einer Motorradtour auch mal ein wenig herumzustrolchen, ziehe ich meine Motorradjeans an. Dazu trage ich ein Paar Bundeswehrstiefel – sie sind unverwüstlich und robust zum Motorradfahren, preiswert, in vielen Zwischengrößen erhältlich und bequem zum Laufen. Dafür sind sie schließlich gemacht.

Ziel # 7: Schliemann-Haus in Ankershagen

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Schliemann-Haus in Ankershagen am Rande des Müritz-Nationalparks

Weltfern, in dem abgeschiedenen Dorf Ankershagen am Rande des Müritz-Nationalparks, liegt das Geburtshaus von Heinrich Schliemann: der Selfmade-Archäologe, der später sein Glück in der Fremde fand und das sagenumwobene Troja ausgrub. Den legendären Goldschatz, den er mitbrachte, wird man allerdings vergebens suchen. Er lagert seit 1945 in den Gewölben des Puschkin-Museums in Moskau. Beutekunst. Wer immer nach Athen fährt, sollte nicht versäumen, sich sein pompöses Stadtpalais im Stadtzentrum anzusehen. Samt dem höchst besuchenswerten Café im Innenhof.

Ziel # 8: Ivenacker Eichen

ivenacker eiche in mecklenburg-vorpommern

Der Platzhirsch unter den Monster-Eichen: die Stieleiche in Ivenack

40 km weiter nördlich erreichen wir den Wendepunkt unserer Motorradtour: die 1000-jährigen Eichen im Tierpark von Ivenack. Eine kultur- und naturhistorische Besonderheit, die ihresgleichen sucht. Sie gehören zu den ältesten Bäumen Deutschlands und besitzen eine besondere Symbolkraft. Die mächtigste der alten Eichen besitzt einen Brusthöhenumfang von 11,70 m und einem Taillenumfang von 10,26 m. Mit 140 Kubikmetern gilt sie als die dickste, und volumenreichste Eiche in Europa. Platzziffer 1, unbestritten.

Ziel # 9: Erprobungsstelle Rechlin

Vom tiefen Mecklenburg aus drehen wir nun eine Runde um den Westteil des Müritzsees. Runterschalten und genießen ist angesagt, besonders bei der Fahrt am Seeufer von Waren (sehr schön, deswegen auch von Touristen immer gut besucht) und von Röbel (unbedingt sehenswert) entlang.

Am Südufer des Sees machen wir Halt am Luftfahrttechnischen Museum Rechlin, das für technisch Interessierte einen längeren Aufenthalt bedeuten könnte. Kern der Ausstellung ist die Geschichte der ehemaligen Luftwaffen-Erprobungsstelle. Hier wurden bahnbrechende technische Lösungen entwickelt und erprobt, die Luftfahrtgeschichte machten: Autopilot, Schleudersitz, Bänderfallschirm, Strahlantrieb. Eigene Flugzeugmuster wurden hier auf Höchstleistung getrimmt; erbeutete Flugzeuge, bis hin zur Fliegenden Festung, auf Herz und Nieren getestet. Mit dem Abzug der hier nach dem Krieg stationierten russischen Fliegerkräfte 1993 wurde es wieder ruhig am Himmel über dieser herrlichen Landschaft.

Ziel # 10: Maulbeerallee Altglobsow

motorrad an der maulbeerallee bei zernikow

Die Maulbeerallee bei Zernikow

So verlockend es wäre, sich jetzt auf mysteriösen Sträßchen durch die südliche Mecklenburgische Seenplatte Richtung Berlin zurückzuschlängeln – aber diese reizvolle Gegend ist eine eigene Tour wert. Vor allem zur Havelquelle. Deshalb rolle ich fürbaß über Mirow und Fürstenberg durch die Wälder östlich des Großen Stechlinsees.

Dort gibt es zwischen Zernikow und Zernikower Mühle eine naturkundliche Besonderheit: Die Überreste einer Maulbeerallee aus dem Jahre 1751. Knorrige Gesellen, schief und krumm, denen im Laufe der Jahrhunderte Robinien, Eschen, Eichen und Ahorne zur Seite gepflanzt wurden. Hier in dieser bitterarmen Gegend hat man bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts das Luxusgut Seide gewonnen. Verarbeitet wurde sie in der Spinnhütte in Plauen, bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine der größten und modernsten Naturseidenspinnereien Europas.

currywurstbude an der b 96

Die legendäre Currywurstbude an der B 96 in Teschendorf

Bei Gransee stoßen wir wieder auf die B 96, ehemals die große Ferienstraße der DDR vom Zittauer Gebirge im Süden an die Ostsee. Wer sich vor Ende der Tour noch einmal stärken möchte, werfe in Teschendorf Anker an der berühmten Curry 96. Für gute Wurst und angeregte Gespräche wird garantiert. Nach einem weiteren Viertelstündchen geht dann unser Motorrad-Kurzurlaub in Ostdeutschland vor den Toren Berlins zu Ende.

Fazit

Abseits des allgemeinen Touristenrummels reiht sich bei einem Motorrad-Kurzurlaub in Ostdeutschland Sehenswürdigkeit an Sehenswürdigkeit. Erfrischende Etappen wechseln sich ab mit verborgenen Merkwürdigkeiten und Attraktionen. Diese muß man sich aber meist erst erschließen – durch Recherche, durch Gespräche, oder durch diesen Blog.

Unterkünfte

Der „sanfte Tourismus“ in Brandenburg hat in den vergangenen Jahren ein weites Netz an guten Unterkunftsmöglichkeiten entstehen lassen, vom Fremdenzimmer im Gutshaus bis zum Schloßhotel. Vor allem in den Gegenden, in denen der Fahrradtourismus populär ist. Über die aktuelle Unterkunftslage nach der Corona-Pandemie sollte man sich besser vor Eintreffen am Zwischenziel informieren. Einen guten Überblick gibt die Reiseseite des Landes Brandenburg.

 

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Aktualisiert am 05/03/2021 von Christian

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