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Nach Unfall leblos auf der Landstrasse – was tun?

Nach einem Unfall leblos auf der Landstrasse. Wie kann ich in einsamer Gegend die Rettungskräfte bei ihrer Hilfeleistung effizient unterstützen?

Geschätzte Lesedauer: 4 Minuten

Motorradunfall – eine schlimme Vorstellung

Die Realität ist brutal. Machen wir uns nichts vor. Statistisch gesehen stirbt alle 14 Stunden ein Motorradfahrer auf der Straße. 30 % von ihnen treten ihren Weg ins Jenseits solo an, d. h. ohne Fremdeinwirkung Dritter. Wer Pech hat, endet in der Botanik – partiell oder total leblos. Mit etwas Glück sind Rettungskräfte rechtzeitig zur Stelle, und können – mit etwas mehr Glück – Schlimmeres verhindern.

Wie kann ich Feuerwehr, Sanitätern und Polizei ihren schweren Rettungsjob erleichtern, wenn ich nach einem Unfall leblos auf der Landstrasse liege? Was kann ich selbst dazu beitragen? Ich habe da einige Ideen zusammengetragen und umgesetzt.

Einst: Identifizierung durch Blech

Seit Kaisers Zeiten gibt es in Deutschland die ovale, zweigeteilte blecherne Erkennungsmarke, die an einer Kugelkette um den Hals getragen wurde. Die „Hundemarke“ mit der Angabe von Einheit/Blutgruppe/Personenkennziffer. Meine Vorfahren mußten damit ins Stahlgewitter – und kehrten Gott sei Dank mit beiden Teilen heil wieder in die Heimat zurück. Die Erkennungsmarke sollte ihren bedauernswerten Träger identifizieren helfen, wenn er leblos im Felde aufgefunden wurde und versorgt werden mußte.

Drei deutsche Blech-Erkennungsmarken von Kaiserlichem Heer, Wehrmacht und Bundeswehr und ein USB-Stick für Datenspeicherung. Letzterer hann den Rettungskräften helfen, wenn man nach einem Unfall leblos Landstrasse liegt.

Erkennungsmarken von drei Familiengenerationen

So grausam der Anlaß auch war, der Gedanke an sich war nicht dumm: zweifelsfreie Identifizierung der Person, um weitere Hilfsmaßnahmen einzuleiten bzw. entsprechende Benachrichtigungen durchzuführen.

Jetzt: Identifizierung durch Datenspeicherung

Was mir bis heute nicht in den Kopf will, ist der Umstand, warum es nicht möglich sein soll, im digitalen Zeitalter ein Personendokument so zu konstruieren, daß es die Rettungskräfte verzugslos für ihre Arbeit einsetzen können.

Einerseits betreibt die Industrie einen horrenden Aufwand, um das Motorradfahren sicherer zu machen und ein eCall-System zum Einsatz zu bringen, das die Zeit bis zum Rettungseinsatz drastisch verkürzt – aber was folgt dann? Da gibt es eine Lücke, die tödlich werden kann.

Welche Position man auch immer in der Diskussion um den Datenschutz vertritt – die Abwägung des Wertes von Rechtsnormen gegenüber einem Menschenleben ist nicht nur eine rein juristische, sondern auch eine ethische und letztlich ganz persönliche Frage.

Nach einem Unfall leblos auf der Landstraße – was tun?

Die Vorstellung, irgendwo leb- und hilflos in der Botanik zu liegen, ist alles andere als beglückend. Bei Motorradtouren, gerade in einsameren Gegenden, hänge ich mir deshalb einen USB-Stick an einer Kugelkette um den Hals, auf dem ich alles gespeichert habe, was Polizei und Sanitäter bei meiner Rettung über mich wissen müssen oder sollten.

Dazu habe ich im Geldbeutel einen Hinweiszettel mit der schriftlichen Einwilligung, daß für die weitere Behandlung meine Daten ausgelesen werden dürfen. Zugrunde liegt die Annahme, daß für Polizei, Sanitäter und Krankenhaus meine folgenden Daten nützlich und für mich überlebenswichtig sein können:

  • Führerschein
  • Zulassungsbescheinigung Teil I
  • Kfz-Versicherungskarte
  • Personalausweis
  • Reisepaß (im Ausland ggf. mit der Seite für Visastempel)
  • wen es betrifft: Sonderausweis (z. B. Dienstausweis für Polizei und Bundeswehr, Werksausweis, Behindertenausweis)
  • Krankenversicherungskarte
  • Organspendeausweis
  • Liste mit allen relevanten Angaben der zu benachrichtigenden Personen/Institutionen (z. B. Verwandte, Freunde, Arbeitgeber)
  • Anamnesebogen, konfiguriert nach den eigenen persönlichen Bedürfnissen und gestaltet nach der Vorlage, wie man sie z. B. vor der stationären Aufnahme im Krankenhaus ausfüllen muß (mit Angaben zu Medikamenten, Allergien, Blutgruppe u. ä.)
  • Patientenverfügung

Theoretisch wäre es auch möglich, diese Daten auf dem mitgeführten Smartphone zu speichern. Aber die Frage der Datensicherheit zieht hier enge Grenzen. Und was ist, wenn das Smartphone beim Unfall zerschmettert wird?

 Künftig: elektronische Patientenakte (ePA)

In Bezug auf die persönlichen medizinischen Daten wurde in Deutschland ab 1. Januar 2021 ein bedeutsamer Schritt vollzogen, der in anderen Ländern schon längst Realität ist: Es wurde die elektronische Patientenakte (ePA) eingeführt, die in mehreren Schritten bis Jahresende allen Arztpraxen und Krankenhäusern zugänglich gemacht werden soll.

Dabei handelt es sich um eine App der Krankenkassen, die der Benutzer auf seinem Endgerät (Smartphone, Tablet) mit Dokumenten, Arztbriefen, Befunden oder auch eigenen Zusammenstellungen (z. B. Blutdruckreihen, Blutzuckerwerte) befüllen kann. Ab 2022 sollen zusätzlich auch Impfausweis, Mutterpass, das Untersuchungsheft für Kinder sowie das Zahnbonusheft digital abrufbar sein.

Zweck der ePA ist es, den Behandelnden verzugslos wichtige Informationen für die Therapie zur Verfügung zu stellen, z. B. Befunde, Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Behandlungsberichte oder elektronische Medikationspläne.

Künftig auch: aufgepeppte Gesundheitskarte

Als Alternative zur App wird es ab Juli 2021 möglich sein, die ePA mit der elektronischen Gesundheitskarte und einer PIN zu nutzen, die dem Karteninhaber von seiner Krankenkasse zugestellt wird. Er kann dann seine ePA in Verbindung mit dieser PIN direkt in der Arztpraxis bzw. beim Leistungserbringer nutzen. Auf dem Chip der Gesundheitskarte werden auf Wunsch die Daten aus dem Praxisverwaltungssystem (PVS) der Arztpraxis gespeichert.

Wie sieht es dabei mit dem Datenschutz aus? Der Kreis derjenigen, der mit Einwilligung und Zugriffsfreigabe (PIN) der Versicherten auf die ePA zugreifen darf, ist gesetzlich streng geregelt. Patienten können die ePA für Ärzte, Therapeuten oder Apotheken sowie für weitere Leistungserbringer, die in seine Behandlung eingebunden sind, freigeben – entweder nur für die aktuelle Behandlung oder für einen längeren Zeitraum (z.B. in der Hausarztpraxis).

Da die Daten in der ePA ohne die Einwilligung des Patienten weder gespeichert noch ausgelesen werden können, empfiehlt es sich, auf der Motorradtour eine schriftliche Einwilligung mitzuführen – wenn man z. B. nach einem Unfall nicht selbst dazu in der Lage sein sollte.

Die ePA ist noch ein sehr junges Produkt, so daß umfangreiche Praxiserfahrungen damit verständlicherweise noch nicht vorliegen. Ich werde mir zunächst einmal meinen Kartenchip mit wichtigen Daten befüllen lassen – einerseits, um zu sehen, wie das klappt. Andererseits aber auch, weil ich glaube, daß die Daten im Falle eines Unfalls auf einer Karte weniger zerstörungsanfällig sind als auf einem Mobiltelefon. Bleibt zu hoffen, daß die Nutzung der ePA auf relativ harmlose Arztbesuche beschränkt bleibt!

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Aktualisiert am 03/02/2021 von Christian

Comments (2):

  1. Axel Müller

    7. Februar 2021 at 17:12

    Lieber Christian, herzlichen Dank wiedereinmal für einen excellenten Tip! Mit der ePA schlagen wir Kassenärzte uns in diesem Jahr herum, verärgert über die Datenschutz-Behinderung, die soviel Leben retten und Papier / Bäume sparen könnte. Folglich werde ich Ihren Rat umsetzen und neben der Auslesegenehmigung auch einen USB-Stick mit den genannten Angaben mitführen. Das Problem hatte ich einmal in Namibia, wo ich zwischen Rehobot und Swakopmund in der Wüste bei 44°C einen verunglückten Solo-Fahrer neben seiner GS fand, in meinen PickUp un daus seiner Montur zerrte, rehydrierte und mit viel Glück zum Krankenhaus brachte. Aber – zwei Smartphones – gesichert! Meine Frau konnte einen Kontakt in der Brieftasche finden, Johannesburg informieren – hier fehlte solch ein Stick!

    Mit herzlichen Grüßen auch an Ihre Familie (halt unbekannterweise) freue ich mich auf Ihren nächsten Beitrag – (Dr.) Axel Müller aus Magdeburg.

    Antworten
    • Christian

      8. Februar 2021 at 11:11

      Lieber Axel, ich freue mich, daß meine Tipps auch bei einem Arzt auf begründete Zustimmung gestoßen sind. Wie Du selbst erlebt hast, ist das Rettungsnetz nicht überall so gut ausgebaut wie bei uns. Umso wichtiger ist es dann, mit vorbereiteten Informationen den Sanitätern und Ärzten ihre Aufgabe zu erleichtern. Zum eigenen Nutzen. Herzliche Grüße von Christine und mir!

      Antworten

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