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Grosse Rundtour durch Brandenburg

Eine große Rundtour durch Brandenburg entlang einer einsamen Route von Schlössern und Klöstern kann trotz Corona noch manchen vermurksten Motorradurlaub retten. Hier sind meine Insider-Tipps.

Der Reiz des Unbekannten

Wenn große Tourenpläne platzen, müssen attraktive heimische Alternativen herhalten. Daran haben wir uns in der ersten (und zweiten?) Corona-Krise gewöhnen müssen. Die Parole heißt dann: touristisch überlastete, verkehrsreiche Gegenden meiden und stattdessen dorthin ausweichen, wo wir freie Strecke, schöne Landschaft und ein bequemes Nachtlager noch für uns haben.

Damit landen wir zwangsläufig in den dünner besiedelten Regionen unseres Landes. So reizvoll ihr Name auch klingt, sind sie doch den allerwenigsten so recht vertraut. Wer kennt sich schon in der Schorfheide aus, im Oderbruch oder in der Lausitz? Ein Grund mehr, die Landkarte intensiver zu studieren.

Wo geht es lang?

Mit meinem Vorschlag zu einer großen Rundtour durch Brandenburg möchte ich euch die Planung erleichtern. Dazu habe ich aus meinem Heimatrevier die schönsten Strecken miteinander verbunden. Fahren ist das eine, Schauen das andere: Die Rundtour verbindet historische Klöster und Schlösser in Brandenburg miteinander.

Man muß nicht alles besichtigen – aber nach vielen Kilometern durch Wald- und Seenlandschaften tut zwischendurch eine architektonische Abwechslung gut. Besonders, wenn sie die ersehnte Infrastruktur für eine Ruhepause bieten.

Auf diese Weise lernst du Landschaften kennen, die von Etappe zu Etappe unterschiedlich sind: Wälder und Heide, Flüsse und Seen, parkartige Auen. Die Strecke führt über 730 km in einem großen Kreis um Berlin. Wer ihn in Gänze fahren will, findet unterwegs preiswertes Übernachtungsquartier. Eine andere Möglichkeit ist, die Strecke vom Zentrum Berlin aus kleeblattartig abzufahren. Dann bekommt man noch etwas mehr von Brandenburg mit.

Die Rundtour beginnt am Kloster Lehnin – vor allem auch deswegen, weil dieses am Südwestzipfel des Berliner Autobahnrings aus allen Richtungen am leichtesten erreichbar ist.

Streckenplan

Kloster Lehnin – Kloster Heiligengrabe – Kloster Himmelpfort – Schloß Boizenburg – Kloster Chorin – Schiffshebewerk Niederfinow – Kloster Friedland – Kloster Neuzelle – Seenland Großräschen – Kloster Dobrilugk – Schloß Wiepersdorf – Kloster Zinna – Kloster Lehnin.   730 km

Kloster Lehnin

ehemaliger kornspeicher des klosters lehnin brandenburg

Ehemaliger Kornspeicher des Klosters Lehnin

Wir starten am Kloster Lehnin, dem ältesten Zisterzienserkloster der Mark Brandenburg. 1180 gegründet, Hauskloster und Begräbnisstätte der askanischen Herzöge. Eines der ältesten Beispiele der Backsteingotik. Später zum Jagdschloss umgebaut, seit 1911 teilweise Krankenhaus, mit einem schönen Park drumherum.

Von hier aus umrundet unsere Tour das Land Brandenburg im Uhrzeigersinn. Sobald wir die Autobahn überquert und die Stadt Brandenburg hinter uns haben, gondeln wir immer an der Havel entlang, bis sich hinter Rhinow die Landschaft öffnet. „Luch“ heißt das hier. Nördlich von Kyritz an der Knatter (heißt wirklich so) wirkt die Gegend schon richtig norddeutsch. Endlose Alleen mit massiven Eichen und Robinien (schattenspendend im Sommer) führen uns zum nächsten Ziel:

Kloster Heiligengrabe

grosse runde brandenburg: giebel der klosterkirche heiligengrabe

Backsteingotik: Giebel der Klosterkirche Heiligengrabe

Heiligengrabe ist für mich eine der anheimelndsten märkischen Klosteranlagen, hübsch hergerichtet und restauriert, dazu mit einem liebevoll angelegten Klostergarten. Wie in Ostdeutschland üblich, ist auch dieser Konvent mittelalterlichen Ursprungs und besaß riesigen Ländereien. Nach der Reformation wurde er säkularisiert, dann als Schule genutzt, widmete sich sozialer Arbeit und ist heute wieder Konvent.

Hinter Wittstock an der Dosse machen wir einen langen Schlenker durch die Mecklenburgische Seenplatte und den Müritz Nationalpark. Wieder ein neues Landschaftserlebnis. Auch hier allenthalben seelentröstende Ruhe und schöne freie mächtige Alleen. Fahrgenuß pur.

Hinter Fürstenberg an der Havel (die sich wie ein großes U durch Brandenburg zieht) biegen wir rechts in den Wald ab und landen an einem der 7.000 märkischen Seen an der Klosterruine Himmelpfort.

Kloster Himmelpfort

klosterruine himmelpfort in brandenburg

Klosterruine Himmelpfort

Was wir auf einer Landzunge zwischen vier Seen entdecken, ist zwar heute nur noch eine – wenn auch interessante – Ruine. Aber eine mit bewegter Vergangenheit. Ein Gartenlokal und eine Bootsschleuse laden zur Pause und zum Umschauen ein.

Schöne Motorradstrecke am See: Oberpfuhl bei Lychen

Schöne Motorradstrecke am See: Oberpfuhl bei Lychen, Brandenburg

Danach durchqueren wir in dichten Wäldern das Flößerland: Aus Lychen und Umgebung kam über Wasserläufe und Seen das Bauholz für die werdende Reichshauptstadt Berlin. Wir sind jetzt schon in der Uckermark.

Schloss Boitzenburg

schloss boitzenburg in der uckermark

Schloß Boitzenburg

Auch das reizvolle Schloß Boitzenburg hat eine bewegte Geschichte: seit dem Mittelalter Adelssitz, nach dem Krieg zwangsenteignet, dann NVA-Erholungsheim und nach der Wende skandalträchtige Umwidmung in ein Hotel. Wer will, kann hier eine Hochzeitsfete steigen lassen – oder sich im gegenüber im Marstall in der Kaffeerösterei und der Confiserie gütlich tun.

Die Uckermark ist eine hügelige Landschaft: Im fröhlichen Auf und Ab schlängelt sich die (nicht immer superglatte) Straße durch Felder und Wälder. Über lange Strecken durchschneidet sie, gesäumt von ehrwürdigen Alleebäumen, den Nordostzipfel der Schorfheide. Einst Jagdrevier von Kaiser und Parteibonzen beiderlei couleur, ist sie jetzt teilweise ein Biosphärenreservat. Ich empfehle eine kurzen Stopp am Kaiserbahnhof in Joachimsthal, der eigens für Wilhelm II. gebaut wurde, damit Majestät von Berlin aus möglichst schnell per Bahn in sein Jagdrevier reisen konnte.

Kloster Chorin

kloster chorin in brandenburg

Chorin, eines der ehemals bedeutsamsten Klöster in Ostdeutschland

Mittelpunkt des Biosphärenreservats ist Kloster Chorin, eine Teil-Ruine mir regem Kulturbetrieb. Für Kunsthistoriker ist die Klosterkirche 1906 als das „bedeutendste und edelste Werk der Frühgotik im Gebiet des norddeutschen Ziegelbaus“. Wie vor vielen Jahrhunderten ist der Ort auch heute noch ein attraktiver Stützpunkt in der Einsamkeit (mit Klosterschänke).

Schiffshebewerk Niederfinow

motorrad-kurzurlaub in ostdeutschland am schiffshebewerk niederfinow

Das Schiffshebewerk Niederfinow hebt einen beladenes Lastschiff auf 36 m Höhe

Die Ortsdurchfahrt von Eberswalde läßt sich leider nicht vermeiden. Aber dann geht es am Oder-Havel-Kanal entlang durch Kiefernwälder zum Schiffshebewerk Niederfinow, dem ältesten noch arbeitenden Schiffshebewerk Deutschlands. Man sollte sich nicht den Anblick entgehen lassen, wie beladene Frachtschiffe wie von Zauberhand 35 m gehoben werden. Auf der flotten Weiterfahrt nach Süden, immer am Oderbruch entlang, wird es spürbar einsamer. Seltsam klingende französische Ortsnahmen künden davon, daß diese Gegend einst von Zuwanderern aus der Westschweiz urbar gemacht wurde.

Ortsschild Croustillier im Oderbruch mit Motorrad

Fremd klingende Ortsnamen in Brandenburg: Croustiller

Hinter dem Dorf mit dem schönen Namen Gottesgabe biegen wir dann links ein nach Altfriedland.

Kloster Altfriedland

Klosterruine Altfriedland, besucht bei einer Motorradtour in das Oderbruch

Klosterruine Altfriedland

Am Rande des Oderbruchs, im Naturpark Märkische Schweiz, liegt auf einer malerischen Landzunge zwischen zwei stillen Seen die Ruine des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters Altfriedland. Besonders attraktiv wirkt das Ensemble der Ruinen von der Grünanlage her, die sich zwischen dem Seeufer und den Klosterbauten erstreckt. Auf der nachfolgenden Bundesstraße Richtung Südwesten läßt sich gut Strecke machen. Das schafft eine bequeme Zeitreserve für einen Blick auf Schloß und Kirche Neuhardenberg und einen Zwischenstopp am idyllischen Oderufer bei Lebus. Diese Naturstimmung sollte man unbedingt einfangen. Abgesehen von den Ortsdurchfahrten von Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstatt verläuft die Fahrt weiterhin sehr flott.

grosse runde durch brandenburg: rothaarige motorradfahrerin am ufer der oder bei lebus

Ruhepause bei Lebus an der Oder

Kloster Neuzelle

Bild der Klosterkirche Neuzelle zwischen Eisenhüttenstadt und Guben an der Oder, vom Park der Klosteranlage aus gesehen

Parkansicht der Klosterkirche Neuzelle

Selten hat mich auf einer Tour eine Entdeckung so überrascht wie das (reaktivierte) Zisterzienserkloster Neuzelle südlich von Eisenhüttenstadt: süddeutscher Barock in schönster Ausführung in der Einsamkeit des Oderlandes. Wer es zeitlich einrichten kann, sollte sich eine Viertelstunde Zeit nehmen und den Mönchen beim Chorgesang zuhören. Wem der Sinn nicht danach steht, kann stattdessen von einer Parkbank hinter dem Kloster aus den weiten Blick über das Oderland genießen – samt der Schiffe, die langsam auf dem Fluß dahinziehen.

Von hier aus führt unsere Strecke an der Neiße entlang und stößt südlich von Guben auf den Tagebau Jänischwalde. Daß hier zwei Welten zusammenstoßen, wird bei einem Blick vom Aussichtspunkt an der B 112 am nördlichen Ortsrand von Grießen deutlich: gigantische Braunkohlenbagger, ausgeschachtetes Land, tote Natur.

Dieser Eindruck wiederholt sich mehrfach auf der weiten Schleife um Cottbus herum durch die „rekultivierte“ Seenlandschaft hindurch bis Großräschen. Nackt und kahl mutet die Landschaft an, trotz Neuanpflanzungen und künstlich aufgefüllter Seen mit Badestränden.

Umso erleichterter sind wir, als uns die Heidelandschaft mit Wäldern und Alleen wieder aufnimmt. Wir rauschen durch die Einsamkeit. Wer diese weidlich zu nutzen versteht, sind die Wölfe, die seit einigen Jahren hier in großer Zahl heimisch geworden sind.

Kloster Dobrilugk

grosse runde durch brandenburg: klosterkirche doberlug in brandenburg

Kirche des Klosters Dobrilugk

Im äußersten Südwestzipfel Brandenburgs steuern wir das Kloster Dobrilug an, besser gesagt das, was von ihm übrig geblieben ist. Vor allem ist das eine umwerfend schön eingerichtete und restaurierte Klosterkirche, die allein schon einen Besuch lohnen würde.

Die Weiterfahrt auf abgelegenen Landstraßen vermittelt einen befremdlichen Eindruck, weil wir vom Landschaftsbild her keinen passenden Vergleich finden können. Nicht zuletzt trägt dazu ihre Prägung durch die LPG-Wirtschaft bei, die öde weite Flächen hinterlassen hat.

Schloss Wiepersdorf

schloss wiepersdorf in brandenburg

Park und Schloß Wiepersdorf

Inmitten dieses Nichts versteckt sich in einem kleinen Landschaftspark das idyllische Schlößchen Wiepersdorf. Jahrhundertelang war es im Besitz der Familie von Arnim. Heute dient es als Weiterbildungsstätte für junge Stipendiaten aus der Kunst- und Literaturszene.

Kloster Zinna

Bild vom Kloster Zinna mit Museumsgebäude und Klosterbrennerei und einem Motorrad im Vordergrund

Kloster Zinna

Weitere 20 Kilometer düsen wir durch das südbrandenburgische Flachland. Dort liegt, hinter Jüterbog und umgerahmt von zwei ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplätzen, das Kloster Zinna. Nach umfangreicher Restaurierung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ist es ein Schmuckstück geworden. Wer sich für Naturheilkunde interessiert, wird im dortigen Kräutermuseum fündig, wo die Grundlage für den „Zinnaer Klosterbruder“ gemischt wird, einen bekömmlichen Kräuterlikör.

Bei Luckenwalde nehmen uns dann wieder die märkischen Wälder und Alleen auf, was die Fahrt gerade im heißen Sommer erfrischend macht. Nach einer Dreiviertelstunde endet unsere Runde dort, wo sie vor 730 Kilometern begonnen hatte – im baumbestandenen Klosterhof von Lehnin.

Fazit

Die große Runde durch Brandenburg hat den Charme, ein oft nur wenig bekanntes Bundesland mit all seinen unterschiedlichen landschaftlichen Reizen und Ausprägungen kennenzulernen. Walddurchquerungen wechseln ab mit Fahrten durch weite Felder und buschbestandene Auen, und zwischendurch gibt es zum allgemeinen Erstaunen Unvermutetes zum Anschauen. Serpentinenstrecken wird niemand erwarten, der im Erdkundeunterricht auch nur einigermaßen aufgepaßt hat. Was aber den Fahrspaß hierzulande ausmacht, sind aber herrliche Alleenstraßen, Fluß- und Seeufer und ein genußvolles Gondeln in idyllischer Einsamkeit.

Touristische Hinweise

Unterkünfte: Touristikseite des Landes Brandenburg

Verpflegung: Da die gastronomische Infrastruktur kaum vergleichbar ist mit Tourenregionen wie Bayern oder Südtirol, empfiehlt es sich, den Tankrucksack ausreichend mit Getränken und Verpflegung zu befüllen und an den genannten Zwischenstationen ein gepflegtes Picknick einzulegen.

 

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Aktualisiert am 05/03/2021 von Christian

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