Essen auf Rädern im Winter heißt in der Corona-Saison: ein gutes warmes Mahl bei einer Motorradtour in der kalten Jahreszeit. Hier die besten Tipps für Selbstversorger!
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Verpflegung auf winterlicher Motorradtour
Les animaux se repaissent; l’homme mange. L’homme d’esprit seul sait manger.
Tiere fressen sich voll; der Mensch ißt. Allein der geistvolle Mensch versteht zu essen.
— Anthelme Brillat-Savarin, Physiologie des Geschmacks
Wie schön waren doch winterliche Motorradtouren in den alten Zeiten – vor Corona mit seinen lästigen Beschränkungen: Auf menschenleeren Landstraßen hast du in molliger Winterbekleidung die ersten 150 km abgespult, bis sich ein dezenter Appetit regte und mit ihm das Verlangen, ihn in einer angenehm warmen Umgebung zu stillen. Eine heiße Suppe, ein starker Kaffee mit Beilage, was auch immer.
Streckenkenntnis, Internet oder Empfehlungen deiner Kumpels haben dich dann stets an ein Plätzchen geführt, wo du dich unterwegs gepflegt im Warmen stärken und deine Knochen ausstrecken konntest: ein Gasthaus, ein Café oder notfalls auch ein Bäckereishop. Essen auf Rädern im Winter. „Bummelfütterung“ heißt sowas unter Jägern.

Kaffee und Kuchen am bullernden Kamin auf winterlicher Tour: Damit ist es wohl erst mal vorbei.
Seit einiger Zeit ist es aber damit erst mal vorbei. Nicht mit dem Motorradfahren, das sollte immer gehen. Aber mit dem Stärkungsstop am Streckenrand. Wenn ich jetzt so über Land fahre, bietet sich mir ein trauriger Anblick: Gasthäuser, sofern sie nicht ohnehin schon aufgegeben haben, sind geschlossen. Bäckereien haben ihre Stühle hochgestellt und verkaufen nur noch über den Tresen. An den Imbißbuden warten, einsam auf einem Elektrogrill rödelnd, matte Bratwürste auf den stehenden Verzehr im Freien. Die Dörfer sind menschenleer, die Menschen auf Arbeit oder vor der Glotze. Allenfalls fegt mal eine Oma das Herbstlaub vor dem Gartentor.

Wer hat Lust, bei kaltem Wetter im Freien zu speisen?
Das Verpflegungsdilemma
Um mit Martin Luther zu reden: „Was tut ein Mannsbild in solchem Fall?“ Wer in diesen lausigen Corona-Zeiten einen ganzen Tag lang auf Tour gehen will, ist auf unweigerlich auf Selbstversorgung angewiesen. Im Sommer mag es ja erquicklich sein, ein lauschiges Picknickplätzchen zu suchen und dort eine Pause einzulegen. Wenn aber der Herbstwind durch die Alleen fegt, muß man halt nach eine halbwegs geschützten Ecke Ausschau halten, wo man sich seine mitgeführte Verpflegung servieren kann. „Idylle“ wird dann zum Fremdwort.

Gemütlichkeit sieht anders aus. Hier bekommt das Wort Tiefkühlkost einen besonderen Beigeschmack.
Wie hält man sich dann mit einer guten Mahlzeit bei Kräften und Laune? Aus meiner Erfahrung in kalten und einsamen Regionen sind hier meine besten Tips für Essen auf Rädern im Winter:
Drei Optionen für Essen auf Rädern im Winter
Je nach persönlicher Befindlichkeit, Tourenstrecke und Appetit bieten sich für die Selbstverpflegung auf der winterlichen Motorradtour drei verschiedene Möglichkeiten. Es hängt letztlich davon ab, wieviel Aufwand du treiben und wie du deine Tour gestalten willst.
1. Die klassische Methode
Ein lecker und liebevoll zubereitetes Sandwich oder frisch gebrutzelte Bouletten sind als Wegzehrung nicht zu verachten. Nur ist der Genuß dahin, wenn sie sich schon nach wenigen Kilometern an 5° Außentemperatur angepaßt haben. Dann wird der Begriff „Kaltverpflegung“ voller Ernst.
Aber es ist alles nur eine Frage der Verpackung. Denn: Was kühl hält, hält auch warm. Für diese Fälle halte ich ein neckisches Isoliertäschchen bereit, das ich früher mit ins Büro genommen habe. Erfahrungsgemäß hält es im Tankrucksack über einen Vormittag meine Verpflegung einigermaßen auf Temperatur.
2. Die deftige Methode
Diese erfordert die folgende Ausrüstung:
So funktioniert’s: Vor der Abfahrt verstauen wir ein paar Wiener oder Weißwürste in einer Thermoskanne und befüllen diese mit heißem Wasser. In der Marschpause erwarten sie uns dann wunderbar warm und appetitlich duftend. Dazu serviert man entweder Brötchen/Brezeln (warm halten wie unter 1.). Oder man besorgt sich irgendwo im Supermarkt noch auf die Schnelle eine Portion Kartoffelsalat o. ä. als Beilage.
Für diese Zwecke benutze ich eine alte Thermoskanne, die ich bei einem Trödler aufgetrieben habe. Zur Reinigung/Geruchsneutralisierung nach Rückkehr empfehle ich, zwei oder drei Gebiß-Reinigungstabletten aus dem im Drogeriemarkt darin aufzulösen. Billig und effektiv.
Etwas eleganter ist die Abfüllung einer heißen Mahlzeit in einen Thermosbehälter (0,5 Liter Inhalt) vor der Abfahrt:

Eine kleine Dose Suppe paßt ideal in den Thermosbehälter und garantiert auf winterlicher Fahrt eine wärmende Mahlzeit ohne langes Warten auf die Bedienung.
Tip: Das Essen hält länger schön warm, wenn man vor Inbetriebnahme die Thermoskanne oder den Thermosbehälter mit kochendem Wasser befüllt und in verschlossenem Zustand 10 Minuten vorheizen läßt.
3. Die robuste Methode
Ich gebe zu, dies ist meine Lieblingsmethode, um unterwegs mit Null Aufwand an ein vollwertiges Essen zu kommen:
Ich verstehe schon, daß sich viele beim Anblick von EPAs gruseln. Aber erstens sind diese Einmannpackungen seit den 60er Jahren viel besser geworden.
Und zweitens bevorzuge ich die amerikanischen MREs (Meals Ready to Eat), die variantenreicher sind und mir besser schmecken. Auf diese Weise habe ich bei meinen Fahrten quer durch Russland meinen gesamten Katastrophenvorrat aufgebraucht, den ich vorher in Kalifornien in meiner Garage gestapelt hatte.
Die Methode stammt noch aus den unseligen Zeiten des Ostfeldzuges: Verpflegung auf den heißen Motorblock legen. Für die Dauer einer Zigarettenlänge durchwärmen lassen. Dann die Packung etwas durchkneten. Anschließend wenden und mit der anderen Seite auf den Motorblock legen. Wieder eine Zigarettenlänge warten. Aufreißen. Fertig.
Ein Boxermotor ist für diese Methode die ideale Konstruktion. Ansonsten kommt das Paket einfach auf den heißen Auspuffkrümmer oder den Endschalldämpfer, wie immer die Motorradkonstruktion dies zuläßt. Verkürzen läßt sich die Erwärmungsphase dadurch, daß man einfach den Motor laufen läßt. Ein probates Mittel.
Wem die Einmannpackungen zuwider sind, der kann sich auch selbst behelfen: Er kann sein Lieblingsgericht aus der heimischen Küche in Alubeutel füllen und einschweißen. Wahrscheinlich ist dies für viele die sympathischere Variante.
Bon appétit!
Aktualisiert am 02/11/2021 von Christian