Fahrspaß und landschaftliche Reize, Geschichte, Kunst und Kultur machen die Motorradtour Hoher Fläming zum lohnenden Unternehmen. Ein Tagesausflug, von den man viel mit nach Hause nimmt.
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Routenbeschreibung der Motorradtour Hoher Fläming
Unsere Tour in den Südwesten des Berliner Umlandes umschließt drei Landschaftsszenarien von jeweils ganz eigenem Reiz: die Döberitzer Heide, die Potsdamer Fluß- und Seenlandschaft und den Hohen Fläming.
Dazu fahren wir vom Zentrum Berlins auf der B 5 westwärts hinaus bis Wustermark. Hier biegen wir links ab auf die L 86 Richtung Ketzin (Havel). Die Strecke führt zunächst durch flaches Höhenland, das weithin sichtbar von einem ausgedehnten Windpark dominiert wird. Von hier aus geht es hinab in die Flußniederung, bis südlich von Ketzin inmitten von weiten Auen die malerisch dahinfließende Havel erreicht wird.
Mit der Fähre setzen wir ans südliche Flußufer über und folgen weiter der L 86 in südlicher Richtung. Nach Überquerung der B 1 in Groß Kreutz geht es abermals weiter auf der L 86 bis Kloster Lehnin. Der B 102 folgen wir kerzengerade in südlicher Richtung nach Bad Belzig.
Dies ist die erste größere Zwischenstation auf unserer Tour mit einer sehenswerten, liebevoll restaurierten Altstadt und der Burg Eisenhardt.
Wir verlassen Bad Belzig in südlicher Richtung auf der K 6930 nach Lühnsdorf. Dort biegen wir ab auf die K 6932 nach Raben. Von Raben aus führt die L 84 ostwärts, dann ab Neuendorf die L 83 nordostwärts nach Niemegk.
Am Nordostrand von Niemegk treffen wir wieder auf die B 102, die uns durch dichten Wald nach Treuenbrietzen führt. Dort biegen wir nach Norden auf die B 2 nach Norden ab. Wegen der benachbarten Autobahn ist sie relativ schwach befahren ist und vermittelt als schier endlose Allee ein herrliches Fahrgefühl. Nach 20 km erreichen wir die Spargelstadt Beelitz.
Da unsere zahlreichen Besichtigungspunkte reichlich Zeit in Anspruch genommen haben, begeben wir uns der Einfachheit halber von der Kreuzung B 2 / A 10 an auf die A 115 zurück nach Berlin und erreichen im Abendlicht den goldenen Friedensengel am Großen Stern.
Routenverlauf
Berlin, Großer Stern – Wustermark – Ketzin – Kloster Lehnin – Golzow – Ragösen – Lütte – Bad Belzig – Burg Rabenstein – Hagelberg – Mittelpunkt der DDR – Schloß Wiesenburg – Niemegk – Treuenbrietzen – Beelitz – Berlin, Großer Stern. 245 km
Zeitbedarf
Reine Fahrzeit 4 ½ Stunden plus Zeit für Pausen und Besichtigungen
Beste Reisezeit
Ganzjährig. Am besten aber im Mai/Juni, wenn Raps und Bäume blühen und der Spargel aus Beelitz frisch von Feld gekauft werden kann.
Die Strecke erleben
Der schnellste Weg aus Berlin hinaus führt über die B 5. Hinter der Stadtgrenze bei Staaken entkommen wir dem städtischen Gewusel, die Bundesstraße wird autobahnähnlich. Man gewinnt das rechte Fahrgefühl für die weitere Strecke. Der Neugier halber, und weil wir so oft schon daran vorbeigefahren sind, biegen wir gegenüber von „Karls Erlebnisdorf“ rechts nach Dallgow-Döberitz ab – und gelangen um eine Ecke zum Olympischen Dorf von 1936. Da eine Besichtigung jedoch vorherige Planung und Anmeldung erfordert, geben wir uns mit einem Blick auf das historische Gelände zufrieden.
Havelland für Technikfans und Hungrige
Hat man erst einmal die ausgebaute B 5 verlassen und den Windpark hinter sich, wird die L 86 schön ländlich. Bevor man nach Ketzin hineinfährt, erspäht man linker Hand durch Zaun und Buschwerk auf dem Bahngelände einen der drei noch erhaltenen Luxuszüge der Deutschen Reichsbahn, die DR-Baureihe VT 18.16 Ein Stück deutscher Eisenbahngeschichte.
Der schönste und kürzeste Streckenabschnitt ist wohl die Fähre über die romantische Havel. Der Reisende sieht sich gefühlsmäßig um ein Jahrhundert zurückversetzt. Dorf befindet sich auch das Restaurant und Café „An der Fähre“, dessen Besuch nur wärmstens empfohlen werden kann. Man sitzt herrlich auf der Terrasse und genießt den Blick über Fluß und Auen.
Kloster und Kirchen im Fläming
Die L 86 läßt sich flott befahren. Sie führt uns durch eine lockere, vom Obstanbau geprägte Landschaft und ausgedehnte Wälder zum malerischen Kloster Lehnin. Die Anlage ist einen Rundgang wert. Inmitten des idyllischen Kräutergartens (mit Pflanzenverkauf) befindet sich ein kleines Café, in dem wir uns für die Weiterfahrt stärken.
Unsere Route nach Golzow führt ganz entspannt wiederum durch tiefe Wälder. Als Fotomotiv präsentiert sich in der Ortsmitte die oktogonale barocke Kirche aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Den nächsten kurzen Stop legen wir in der benachbarten Ortschaft Lütte ein. Links in der Dorfmitte findet sich eine Schinkelsche Normalkirche – ein Standard-Kirchenbau, wie ihn die preußische Obrigkeit mit sprichwörtlicher Sparsamkeit in zahlreichen Ortschaften des Königreiches errichten ließ.
Burg Eisenhardt
in Bad Belzig
An Bad Belzig fahren leider allzu viele auf der Autobahn vorbei. Wir nehmen uns aber die Zeit für eine kleine Runde durch die liebevoll restaurierte Altstadt und einen Besuch der Marienkirche mit ihrer Orgelsammlung. Auf dem Weg zur Burg Eisenhardt passieren wir in der Wittenberger Straße eine restaurierte kursächsische Postmeilensäule (1725) mit den Initialen Augusts des Starken.
Von der Burg aus haben wir einen herrlichen Blick über Stadt und Umgebung. In der Chocolateria Burg Eisenhardt gönnen wir uns ein Eis in der Frühjahrssonne.
Neben der Burg wurde gerade die aus dem 12. Jahrhundert stammende St.-Briccius-Kirche restauriert. Im Inneren bestaunen wir die üppige Ausmalung der Holzpaneele – in Bayern würde man dagen: Bauernmalerei. Ein Orgelbauer der renommierten Orgelbaufirma Alexander Schuke in Werder bei Potsdam hat gerade das Instrument auseinandergebaut. Mit großer Erfahrung und Sorgfalt setzt er die gereinigten Pfeifen und die übrigen Einzelteile wieder zusammen, so daß die bescheidene Orgel schon bald wieder erklingen kann. Die Orgeln der Firma Schuke kennen wir schon von einer früheren Tour her aus dem wieder aufgebauten Dom von Königsberg.
Der höchste Berg Brandenburgs
Von Bad Belzig fahren wir westwärts weiter nach Hagelberg und “erklimmen” das gleichnamige Massiv (201 m), den höchsten Berg Brandenburgs. Von einer Holzbank am Kriegerdenkmal für die Schlacht bei Hagelberg (27. August 1813) genießen wir den Ausblick ins weite Land.
Am geographischen Mittelpunkt der DDR
Auf kleinen Sträßchen Fahren wir weiter nordwärts durch dichte Wälder. Hinter dem malerischen Örtchen Verlorenwasser, im Weitzgrund, hat die TU Dresden im Jahre 1974 den geographischen Mittelpunkt der DDR verortet (Koordinaten: 52° 12′ N, 12° 31′ O). In den Boden einer Schutzhütte ist dort der geodätische Meßpunkt eingelassen. DDR in the middle of nowhere.
Schloß Wiesenburg
Durch die Wälder zurück und dann weiter westwärts geht es zum Schloß Wiesenburg – einem für diese Gegend erstaunlich massiven Schloßbau aus der Spätrenaissance. Erfreulicherweise wurde eine private Umnutzung zur Erhaltung dieses denkmalgeschützten Baus gefunden. Die früheren Repräsentationsräume wurden in private Wohnungen und Ateliers umgestaltet. Nicht die schlechteste Unterkunft für ein idyllisches Leben auf dem Lande.
Burg Rabenstein
In einer weiten Südostschleife führt unser Weg zum zweiten bedeutsamen Burgbau im Hohen Fläming. Um zur mittelalterlichen Burg Rabenstein zu kommen, holpern wir vom Brennereiweg in Raben aus gut einen Kilometer eine unbefestigte Waldstraße den Berg hinauf. Dort erwartet uns neben einem sehenswerten Gemäuer vor allem eine Gastwirtschaft mit Biergarten, der uns an diesem sonnigen Tag willkommenen Schatten spendet.
Auf dem Rückweg zum Parkplatz kommen wir an der Falknerei vorbei, die auch Flugvorführungen zeigt. Bevor wir uns zur Weiterfahrt rüsten, werfen wir noch einen Blick auf ein seltenes Naturdenkmal, die 450 Jahre alte Geschwisterlinde.
Der Weg nach Niemegk fährt sich ländlich-sittlich-locker. Am ehemaligen Wittenberger Tor grüßt uns eine Kursächsische Postdistanzsäule von 1725. Wir machen noch einen Schlenker zur Großstraße 69 gleich neben dem Rathaus, wo Robert Koch in den Jahren 1868/1869 eine Arztpraxis betrieb – die er allerdings wie sein Vorgänger wegen fehlender Patienten bald wieder aufgab.
Nächster Halt ist die Spargelstadt Beelitz. Frisch vom Feld erwerben wir ein Bündel der weißen Stangen und magazinieren sie im Tankrucksack.
Telefonzellenlager: Rufen im Walde
Eines wollen wir aber unbedingt noch mitnehmen: Wir fahren die B2 führt weiter nordwärts unter der Autobahn durch bis Michendorf, wo ein Kuriosum zu besichtigen ist: Der größte Telefonzellenparkplatz Europas.
Hierzu fahren wir nach Michendorf stadteinwärts zum Bahnhof, folgen der Bahnstraße und biegen dann rechts ab in die Flottsteller Straße, die in den ortsüblichen Fichtenwald hineinführt. Dort befindet sich die unter Hausnummer 43 die Außenstelle Potsdam des Fernmeldezeugamts Berlin, auf deren Gelände dicht an dicht an die 3.000 gelbe und magentafarbene Telefonzellen gelagert sind. Das Zeitalter des Mobilfunks läßt vielmals (über den Zaun) grüßen.
Da wir uns für die einzelnen Stationen reichlich Zeit gelassen haben und noch ein schöner Abend auf uns wartet, düsen wir über die A 115 nach Berlin zurück. Wer mehr Zeit hat, sollte die schönere Variante wählen: am Schwielowsee entlang nach Potsdam und dann über die Bundesstraße 2, wie in diesem Blog früher schon beschrieben.
Nachdem die Maschine in ihre Berliner Garage zurückgebracht und unsere Ausrüstung wieder verräumt ist, geht es ans Spargelschälen. Der Dritte im Bunde ist eine gute Flasche fränkischer Silvaner von 2015, mit dem wir die Erlebnisse dieses Tages noch einmal Revue passieren lassen.
Veröffentlicht am 23. 11.2017
Aktualisiert am 10.04.2018
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